berlin - tibet

 Reisetagebuch

Berlin, 29. 04. 2001                                                                                             Es geht los! In aller Herrgottsfrühe wälze ich mich aus dem Bett: 6einhalb Monate Radtour liegen vor mir. Berlin - Tibet nonstop mit dem Fahrrad, durch Südosteuropa, die Türkei, Georgien, Rußland, Zentralasien, China und schließlich nach Indien.

Dabei beginnt die Reise mit einer kleinen Lüge: Heute bin ich mit meinen Eltern in Passau verabredet, muß also mit dem Zug dorthin fahren (mit dem Wochenendticket, eine 14-Stunden-Tortur). Früher konnte ich noch nicht los, da mich Jobs und nicht zuletzt ein letzter Tag allein nur mit Marlen, meiner Freundin, davon abgehalten haben. Egal, diese 700 km wären sicher nicht die spektakulärsten meiner Reise geworden. Aber: Ich hätte meinen High-Tech-Boliden erstmals in der Praxis erlebt mit ca. 50 kg Gepäck und hätte eventuell auftretenden technischen Problemen noch  in Deutschland

begegnen können. Eigentlich habe ich allerdings großes Vertrauen in mein Material und gerade die Rohloff-Nabe und die Magura-Bremsen haben mich bei kleinen Probefahrten völlig überzeugt. Die Lichtanlage zeigte einige Schwächen: der Frontscheinwerfer ist bei der ersten Nachtfahrt erstmal durchgebrannt.

Während ich den ersten Radkilometern entgegenfiebere belastet mich ein nicht ganz unerhebliches Problem: Die Visaagentur hat am Freitag nochmal angerufen und mir auf dem AB die Nachricht hinterlassen, daß es Probleme mit meinem Rußland-Visum gebe. Ich hoffe, diese Probleme kann ich am Montag telefonisch ausräumen.

Wie ich eigentlich dazu komme, mit dem Rad von Deutschland nach Tibet fahren zu wollen?

Die Sache hat eine lange Vorgeschichte. Im Winter 98/99 habe ich das Buch “In eisigen Höhen” von Jon Krakauer gelesen. Damals, während ich selbst mit einigen Freunden Schneeschuhtouren im Gesäuse machte, erwachte in mir eine immense Berg- und insbesondere Himalaya-Begeisterung. Diese Berge mußte ich unbedingt sehen! In den folgenden Monaten kristallisierte sich für mich langsam ein Plan für eine Reise zum Himalaya heraus. Niemals wollte ich als Bergsteigerlaie eine bezahlte Tour auf den Everest machen, nur um dort oben gewesen zu sein. Aus eigener Kraft wollte ich so weit und so hoch wie möglich kommen. Was bot sich für mich als begeisterten Radfahrer und Triathleten mehr an als eine Radreise von Deutschland zum Himalaya?

Um die Jahreswende 99/2000 rückte ich erstmals bei meiner Freundin Marlen und bei meinen besten Freunden Annette und Zadig mit diesem Plan heraus und begann mit der Palnung für diese Reise. Im Frühjahr 2000 stellte ich mir auf Grundlage eines Fahrradmanufakturrahmens ein Reiserad zusammen. Das Rad sollte vor einer künftigen großen Tour unbedingt Probegefahren werden, um mögliche Schwachpunkte zu entdecken. Gleichzeitig machte ich mir über den Zeitpunkt der Reise Gedanken. Da ich Wintereinbrüche im tibetischen Hochland befürchtete, mußte ich, so mein Plan, spätestens im Spätsommer dort anlangen. Für eine solche Tour, 10.000 - 15.000 km, kalkulierte ich ene Dauer von 6 Monaten. Das bedeutete, spätestens Ende April würde ich aus Deutschland abfahren müssen. Als idealer Zeitpunkt für die Reise erschien mir das Ende meines Studiums: Bevor ich in den harten Berufsalltag würde eintauchen müssen noch einmal 6 Monate aussteigen! Ein Traum! Ich begann, mein Studium zu forcieren, um schließlich am 18. 04. 2001 meine letzte Prüfung abzulegen: Der Weg für die Reise war frei!

Parallel traf ich Reisevorbereitungen: Ich ließ mich gegen zig verschiedene Krankheiten impfen, informierte mich über Malariaprophylaxe und bunkerte Medikamente gegen verscheidenste Krankheiten, in erster Linie des Magen-Darm-Traktes. Viel zu spät kümmerte ich mich um die notwendigen Visa. Ich mußte wegen der schwierigen Einreisebedingungen mehrmals meine Reiseroute ändern, kehrte jedoch am Ende fast zu meiner Traumroute zurück: Durch die Türkei über den Kaukasus, durch die Kasachensteppe zum Tien-Shan-Gebirge. Am Rande der Takla-Makan-Wüste entlang zum Himalaya. Hoffentlich klappt alles. Die enormen Kosten für Medikamente, Material, Visa und die monetäre Grundausstattung während der Reise ließen mich nach Sponsoren suchen. Die Sponsoren sollten für das Outdoorleben oder für Qualität im Radbereich stehen und mir den Zugang zu qualitativ hochwertigem und damit kaum defektanfälligem Material öffnen. Neben vielen Absagen gab es auch einige Zusagen. Besonders gefreut habe ich mich über die Speedhub-Nabe von Rohloff, der gegenüber ich allerdings recht mißtrauisch war, bis ich die Produktionsbedingungen und das immense Selbstvertrauen der Rohloffs kennengelernt habe. Auch die Magura HS 33 und die Beleuchtungsanlage von Busch und Müller paßten gut in mein Radkonzept.

Jetzt ist alles gepackt und morgen geht’s los. Drückt mir die Daumen! Hier gibt es immer Neues, wenn ich irgendwo unterwegs Zugang zum Netz bekomme. Danke an Tommy, das er die Seite managt, an alle, die mich so super nett verabschiedet haben. Danke an AZe, daß sie mir immer den Rücken stärkten, wenn alle sagten, diese Reise ist unmöglich. Grüße an Olli Büttel, den ich nie angerufen habe wegen der Reise, weil ich den schwachsinnigen Gedanken hatte, daß meine Reise weniger toll wäre, wenn ich mir Tips hole von einem, der mit Freundin Britta eine ähnliche Tour gefahren ist. Danke schließlich an Marlen. Ich weiß nicht genau, was Du durchmachst. Bei mir ist alles von der Vorspannung auf die Reise überdeckt. Bitte mach Dir nicht zuviele Gedanken: Ich komme wieder!

Sibiu (Hermannstadt),14.05.01                                                                                                                             fuenf tage rumaenien, das sind fuenf tage abenteuer pur. nach der oeden
ungarischen puszta jetzt maechtige schneebedeckte berge, hohe paesse, einsamkeit,
des nachts wolfsgeheul und wahnsinnig nette menschen.
nach den ersten tagen in den bergen ist jetzt erst einmal eine kleine
generalueberholung des rades angesagt: zwar hat allle technik blendend
funktioniert, aber das gesamte rad und gepaeck ist schlammverklebt. hier in sibiu spanne
ich erstmal etwas aus, um dann herrn dracula einen besuch abzustatten um dann
ein letztes mal ueber die karpathen zu klettern und in die donauebene
richtung bulgarien abzufahren.
das naechste mal gibt es mehr!

Burgos, 22.05.01                                                                                                                                                            tach allerseits!
da bin ich schon wieder. hier in bulgarien an der "goldkueste" ist regenwetter und deshalb sitze ich lieber im netzcafe als am strand zu chillen. uebrigens: maschinengewehrsalven fetzen mir um die ohren, weil diese cafes fasts nie fuer net"work" genutzt werden, sondern um im netz ego-shooter zu spielen. muesste mal ein foto schiessen!                                                                                                                                    zeit schon mal ein kurzes bulgarien-fazit zu ziehen: essen ist hier spottbillig. bin bisher jeden tag essen gegangen fuer drei-vier Lev=DM. in der regel auch ganz ordentlich. man kann hier herrlich wild zelten, da das land recht duenn besiedelt ist und die landschaft wirklich sehr einladend ist. die bulgaren sind wie die rumaenen sehr nett und aufgeschlossen, obwohl hier gespraeche quasi unmoeglich sind, da meine drei russisch-brocken fuer eine vernuenftige kommunikation kaum ausreichen. englisch oder andere fremdsprachen sind nicht angesagt.                                                                                                   vorgestern habe ich den vater der mehrfachen bulgarischen jugend-mountainbikemeisterin kennengelernt. ein echter bike-junkie! er verdient im monat ca. 180 Lev=DM und hat sich vor einem jahr ein vollgefedertes scott-mounty fuer 3.000 Lev=DM auf bankkredit gekauft. ich habe gleich mal die mail-adresse getauscht.                                                                                                                                 dann habe ich noch einen kellner kennengelernt, der mir gleich von bulgariens grosser vergangenheit im 9. u. 10. jahrhundert berichtet hat, als bulgarien eine internationale hochentwickelte grossmacht war. die reste der damaligen hauptstadt sind allerdings in aernlichster weise ausgegraben. null tourismus, aber leider auch keine vernuenftige archaelogische arbeit. wie schon in ungarn faellt auf, dass die bulgaren unter "restaurieren" wieder aufbauen, moeglichst aus beton, verstehen. zweites touristisches highlight (im reisefuehrer als "perle der bulgarischen schwarzmeerkueste" angekuendigt) war heute der besuch von nessebar. einem doerfchen auf einer halbinsel: kein autoverkehr, dafuer zig kirchen und geschichte pur. totaler nonsens: das war touristisches disney-land. restaurants neben nepp-laeden, neben imbiss-buden ... ach ja kirchen waren auch da: heute alle liebevoll restaurierte (s. 0.) kunstgallerien. heute habe ich mich auch zweimal hingepackt und bin jetzt ziemlich dreck- und blutverschmiert. leichter regen machte kopfstenpflaster und strassenmarkierungen zu rutschbahnen auf denen ich mich prompt legte. a propos strassen: die sind hier in bulgarien unglaublich: entweder sehr gut
oder als strassen kaum noch zu erkennen. tja und ausgeschildert sind sie in sehr eigenwilliger art und weise. mnchmal gar nicht, so dass man rein nach gefuehl (falsch) fahren muss. manchmal so, dass der naechste ort ausgeschildert ist und an der naechsten kreuzung ein ort in 300 km entfernung.
so jetzt werde ich mich mal zu einem campingplatz aufmachen. morgen soll das wetter besser werden: ist chillen am strand angesagt? i hope so
David

Canakkale, 30. 05. 2001                                                                                                                                        ein grosser schritt für mich, ein kleiner schritt für die menschheit. die umkehrung dieses promineten spruchs trifft genau auf meine augenblickliche situation zu. eben bin ich im asiatischen teil der türkei angekommen, mit der faehre von der halbinsel gallipoli nach canakkale. gleich geht es weiter
nach troja.
hinter mir liegen die ersten herrlichen tage in der türkei. schönes wetter, essen ohne ende und besten geschmacks (vergesst die dönerstaende!). aber auch schon heftige kilometer auf dem rad: hier setzt sich mein schicksal der letzten wochen fort: ich bin in der falschen richtung unterwegs und habe andauernd gegenwind. ausserdem gibt es hier knackige hügel, was sage ich, berge, die meine ganze beinpower, von der rohloff-nabe den ganzen übersetzungsspielraum und den magura-brakes alle kraft, die sie haben, erfordern.
um noch mal von bulgarien zu berichten: dort hatte ich dann doch gleich zweimal am letzten tag kontakt mit den in rumaenien so fürchtenswerten wilden hunden: erst hat mir morgens ein hund mein frühstück, eine salamitasche, stibitzt. nachts, waehrend ich im bergland im türkisch-bulgarischen grenzgebiet zelte, schleicht sich ein zweiter hund an und nimmt sich meiner mülltüte an. der anblick meines pfeffersprays überzeugt ihn dann aber, schleunigst den rückzug anzutreten.
am naechsten tag dann taschenkontrolle an der bulgarischen grenze. inzwischen bin ich doch etwas abgebrühter und reagiere erstmal nicht. im endeffekt muss ich dann nur zwei taschen aufmachen - als ob es irgendwas gaebe, was lohnenswert waere aus bulgarien rausgeschmuggelt zu werden. am türkischen
grenzposten dann: gesundheitskontrolle: der arzt kontrolliert dann aber nicht meime gesundheit, sondern meinen pass. die erste türkische stadt: kirklareli: wer haette gedacht, dass der kotti oder einige ecken in kreuzberg oder neukölln so nah an der türkischen lebenswiklichkeit sind.
zwei tage spaeter: die überquerung des küstengebirges bei tekirdag. eine steigung, wie ich sie mit diesem rad noch nicht erlebt habe. im zweiten gang quaele ich mich mit 5 km/h den berg hinauf. auf der anderen seite dann eine in den berg gespregte küstenpiste. 40 km schotter und ausblick übers marmerameer
vom feinsten.                                                                                                                                                wieder 2 tage spaeter auf der halbinsel gallipoli. ein campingplatz vom feinsten: ein herrlicher strand inmitten eines naturschutzgebiets. belebt: nur von mir. grund genug mal einen tag auszuspannen. heute dann eine wilde jagd vorbei an den denkmaelern für die 1. WK-schlacht von canakkale - eine türkische
sowie australisch-neuseelaendische nationalerinnerung hin zur faehre nach canakkale. heute geht es weiter nach sueden, troja, assos, pergamon warten. in einer woche schwenke ich dann nach osten, richtung ankara.                                                                                                                                                ich melde mich wieder!

03.06.01                                                                                                                                                      merhaba liebe lesergemeinde!
lasst mich zunaechst ein wenig vom türkischen strassenbau berichten ehe ich zu weiteren ereignissen, die mich in den letzten tagen ereilt haben fortschreite.
der angehende türkische strassenbauingenieur lernt waehrend seines, sich beim strassenbau auf zwei leitsaetze zu konzentrieren. im idealfall verbindet er dann spaeter im zuge seiner praktischen arbeit diese beiden leitsaetze miteinander.
1. leitsatz: wenn es einen berg zu überwinden gilt, waehle immer den kürzesten weg. versuche jede überflüssige kurve zu meiden um auf ökonomischste art und weise zum ziel zu kommen. - im klartext: wo ein zwei serpentinen einen berg problemlos zu überfahren lassen würden, führt stattdessen eine brutal
steile rampe zur hügelkuppe.
2. leitsatz: ist die landschaft sehr schön oder gilt es sich einer stadt mit attraktiver skyline zu naehern, waehle immer die laengstmögliche route. - im klartext: hast du eine stadt oder dein naechstes ziel schon dicht vor augen, so kannst du mit sicherheit davon ausgehen, dass die strasse noch einige schleifen schlagen wird, um dich auf möglichst langem weg zum ziel zu bringen.                                                        das meisterstück vollbringt ein türkischer strassenbauingenieur dann, wenn es ihm gelingt diese beiden grundsaetze des strassenbaus miteinander zu verbinden. ... auf diesen meisterwerken türkischer strassenbaukunst bewege ich mich seit einigen tagen vorwaerts und werde heute mittag pergamon erreicht haben (ihr wisst schon, die stadt aus der der altar kommt!). wie sich der türke im eigenen land orientiert wollt ihr wissen!? um ehrlich zu sein, es ist mir ein kleines raetsel. in der regel ist es nicht möglich eine strassenkarte zu erwerben. .. also orientiert er sich mit dem kompass, nach der sonne oder gar dem geruch? ich vermag es nicht zu sagen. nur eins weiss ich sicher: frgast du nach dem richtigen weg, so wird er dich immer zur naechsten hauptstrasse leiten. nie wirst du dann die landschaftlichen und
kulturellen perlen dieses landes kennenlernen aber immer auf dem kürzesten weg zum ziel kommen.

soviel dazu. wenden wir uns den kulturellen highlights dieses erstaunlichen landes zu. ich startete meinen kulturtrip auf der halbinsel gallipoli, jedem türken in bester erinnerung durch die sagenhafte schlacht von canakkale, in der waehrend des 1. WK die westallierten zurückgeschlagen wurden. weiter
ging es in glühender hitze nach troja. dorthin, wo schliemann vor 150 jahren in perfekter grabraeubermanier den sagenhaften schatz des priamos gehoben ha, der
heute in aller welt verstreut ist. an dem siedlungshügel, einem ca. 20 m hohen schutthügel treffe ich deutsche, die ich mit den ereignissen meiner reise vollplappere. eine aeltere dame schenkt mir DM 100,-- 'das es sowas noch gibt.
- so ein mut!' troja selbst: tja fahrt hin und schaut es euch an. eintag spaeter troas, maechtige ruinen einer riesigen antiken stadt, die mitten aus feldern und olivenhainen aufragen. spaeter schwatze ich eineinhalb stunden mit einem türken ohne das wir uns gegenseitig verstehen: hauptsache wir sassen
freundschaftlich beieinander und schlürften tee zusammen. dann assos! eine machtvolle metropole auf einem maechtigen felsen gebaut. ich mache, was der assos'sche fortifikationsmeister sicher nicht gerne gesehen haette: ich klettere aus der burg in die unterstadt hinab und schlendere durch die ruinen.
gestern dann ein unglaubliches erlebnis: ich treffe zwei deutsche, gitte und darius, die von deutschland aus mit dem motorrad nach indien fahren. deutlich slower als ich, aber wir verabreden uns lose am karakorum-highway. heute also geht es nach pergamon. mal sehen was man dort so sehen kann.
das material haelt und haelt, einzig eine ortlieb-tasche ist ein wenig beschaedigt. doch das laesst sich kitten. es grüsst der radlerbraune, taeglich im meer badende
David

 

Dinar, 07.06.01                                                                                                                                                   liebe leser!
da bin ich wieder, diesmal aus dem tieferen hinterland der türkei. ich schlafe heute nacht in einer kleinen stadt namens dinar ca. 250 km von der türkischen westküste entfernt schon im türkischen hochland. was soll ich sagen? ich bin echt ziemlich begeistert. kennt ihr das, wenn ihr von etwas traeumt und dieser traum dann wahr wird. wenn ihr euch etwas vorstellt und genau so oder noch besser wird es dann? so jedenfalls ist es jetzt bei mir. war die türkei schon von anfang an genau das, was ich mir unter der türkei vorgestellt habe, so faengt jetzt an, was ich mir unter anatolien vorgestellt habe. die landschaft wird immer karger, waehrend ich immer weiter nach osten fahre. gleichzeitig komme ich immer höher, habe die ersten kamele gesichtet und der verkehr und die bevölkerungsdichte wird immer dünner. gab es an der küste immer zig orte, die nicht auf der karte eingezeichnet waren, so gibt es jetzt nur noch
die orte, die auf der karte zu finden sind - und die werden auch weniger. dabei geht es jetzt erst los.
                                                                                                                                                                     gestern war ich im 'white paradise' pamukkale. vom weiss ist nicht mehr viel übriggeblieben. unzaehlige touristen haben mit ihren nicht immer richtig sauberen koerpern dafür gesorgt, dass die einstmal weissen kalkablagerungen braun-grau geworden sind. jetzt dürfe nur noch wenige bereiche betreten werden
und auch die nur barfuss, waehrend man mit geziltem zuleiten des kalkhaltigen wassers versucht die dunklen stellen neu weiss zu kalken.
vorgestern war ich übrigens in der ehemaligen wirtschaftsmetropole des sagenhaft reichen lyderkönigs kroisos (ihr wisst schon: 'bin ich krösus?'). busse karren die japaner bis 1 cm vor die ruinen (die riesig sind!), schnell ein paar fotos und weiter geht es! abends erhaelt meine kette an einer tankstelle
ein ölbad: voller gutem willen giesst der tankwart seine halbe ölkanne leer. das öl ergiesst sich abends auf den boden des hotels - 'kein problem!' - und spritzt mir noch am naechsten tag gegen die wade.
aus einer der zahlreichen leseranfragen habe ich geschlossen, dass man sich in den heimischen gefilden gedanken darüber macht, wie ich mich am leben erhalte. nunzunaechst einmal trinke ich sehr viel - 5 - 7 liter am tag. aber was trinke ich. hier bieten sich zunaechst einmal die softdrinks zweier bekannter
amerikanischer getraenkehersteller an. überall gut gekühlt aus dem in sengender sonne stehenden kühlschrank erhaeltlich. dann natürlich wasser, wasser, wasser, ... schliesslich gibt es in den von mir bereisten laendern auch immer örtliche spezialitaeten. in rumaenien eine limonade namens frutti-fresh -
hauptsaechlich aus aromastoffen bestehend, wie der kraeftige geschmack der gewaehlten geschmacksrichtung vermuten liess. ich trank am liebsten birne. dann bulgarien. hier empfahl sich ein in kleinen bechern mit strohhalm verkauftes getraenk, das im wesentlichen aus ca. 7 'Es' und zucker besteht. die türkei schliesslich hat das ideale erfrischungsgetraenk für den schweissgebadeten nach
kühlem, flüssigen und nahrhaftem lechzenden radler erfunden: ayran (inzwischen auch in berlin erhaeltlich!).
meine ernaehrung besteht in erster linie aus belegten broten mit den im land erhaeltlichem 'aufschnitt' belegt. gelegentlich koche ich mit meinem kocher ein leckeres gericht, das sich 'frass' nennt. probleme bereitet gelegentlich das frühstück. in rumaenien genoss ich mangels alternativen haeufig die eine
oder andere tafel schokolade zum kaffee. in bulgarien gab es gelegentlich baeckerstaende, die zu einem dann sehr koestlichen frühstück mit marmeladen-, schoko- oder kaesetaschen fuehrten. in bulgarien ist man übrigens auch auf die wahrhaft geniale idee gekommen schokocreme mitsamt loeffel zu verkaufen
(kriegt man dazu immer über die theke gereicht!). das türkische angebot zu beschreiben sprengt jeden rahmen: geht nach kreuzberg oder schöneberg, guckt euch das angebot an, verdoppelt die auswahl, viertelt den preis und ihr seid in der türkei.
                                                                                                                                                                            so das war es für diesmal eyvallah sagt der D.

Nevsehir, 13.06.01                                                                                                                                               viele grüsse den daheimgebliebenen!
ich bin inzwischen nach einigen maechtig anstrengenden tagen in kappadokien angekommen und verplempre meine zeit in einem internet-cafe statt mich mal draussen umzusehen!
die letzten tage waren von extremen anstrengungen und von sovielen kontakten
zu einheimischen wie noch nie zuvor gepraegt: in dinar, dem versandort meines letzten 'tagebucheintrags' habe ich noch stunden mit dem besitzer des netzcafes quatschend verbracht. er war ein in
deutschland geborener deutschtürke, der mich mit unzaehligen cay bewirtete, eine kebab für mich organisierte und offenbar ebenso wie ich erfreut war, mal wieder deutsch zu sprechen. am naechsten morgen wiederholte sich das gleiche spiel mit dem vater des cafebesitzers: cay, quatschen.
den naechsten abend habe ich auf einem weniger schönen campingplatz in dafür sehr schöner landschaft verbracht: am strand eines sehr grossen sees, der rundherum von maechtigen bergen gerahmt ist. am abend komme ich mit einem studenten ins gespraech. das ende vom lied ist, das er mich zum essen, das er
gerade für sich und seine freunde bereitet, einlaedt. am sonnabend fahre ich durch unendliche kirschplantagen an dem see entlang. dort kommen wahrscheinlich die kirschen her, die ihr zur zeit zu horrenden preisen in deutschland kaufen könnt. hier kostet das kilo ungefaehr DM 1,--. als ich meine mittagspause an einem halbausgetrockneten bach verbringe, kommen 2 familien vorbei, die mich jeweils mit reichlich kirschen beschenken. spaeter setzen sich zwei alte maenner zu mir und überhaeufen mich mit etwas unreifen pflaumen. am abend muss
ich erstmals in einem ort nach einer unterkunft fragen: sofort werde ich an den einzigen deutschsprechenden im ort, mustafa verwiesen: ja es gaebe eýne gemeindepensýon, aber der 'schlüsseltraeger' waere gerade nicht da. wir warten. eine immer grösser werdende anzahl von maenern gesellt sich zu uns, begutachtet mein rad, laedt mich zzzzu cay ein. gegeneinladungen werden dagegen immer ausgeschlagen. spaeter am abend schlendere ich, nachdem ich mich auf dem gemeindeklo gewaschen habe, mit einem weiteren deutschtürken, atilla, durch den ort. er studiert deutsch und freut sich seine deutschkenntnisse etwas trainieren zu können.
der naechste tag wird heftig. eigentlich nur als lockere überbrückung gedacht, muss ich durchs bergland über zwei paesse, die nicht auf meiner karte verzeichnet sind. den morgen verbringe ich allerdings, nach mehreren abschiedscay im thermalbad. an meinem etappenziel, in konya, schlage ich mich mit
aufdringlichen hotelvermittlern, teppichhaendlern und aehnlich unangenehmen leutchen herum.
der montag wird, wie erwartet, zu einem haertetest. 160 km durch die anatolische hochebene. die baeume, die ich unterwegs gesehen habe, kann ich an den fingern abzaehlen. dafür verbranntes gras, staub, hitze und ein fieser gegenwind. ich sehe schon 30/40 km vorher die wenigen orte durch die ich fahren
werde. höllisch! völlig fertig steige ich nach 11 stunden vom rad und stopfe mich mit süsszeug und kebab von einem strassenstand voll. am naechsten tag beschliesse ich spontan einige kirchen etwas abseits der
hauptstrasse anzusehen: welch highlight! in einem engen tief in die landschaft eingeschnittenen tal sind unzaehlige kirchen und wohnbehausungen in die felsen geschnitten. hier ist es kühl, grün. ich bleibe lange und suche mir erst am abend in einiger entfernung ein günstiges hotel. war das das berühmte kappadokien? noch nicht: das wartet heute auf mich im tal von göreme! ich halte euch auf dem laufenden - David

Ankara, 18. 06. 2001
tach auch!
erschreckender weise bin ich jetzt erstmal in ankara gestrandet. heute morgen bin ich mit dem bus aus kirikalle hierher gefahren, um aus der deutschen botschaft meinen pass und die visa für die zentralasiatischen laender abzuholen. nachdem es mir trotz mangelnder sprachkenntnisse gelungen war, den richtigen bus hierher (ca. 80 km überlandstrecke) zu nehmen und hier mit u-bahn und fragen (man wird dann immer mit einem völlig unverstaendlichen wortschwall überschüttet!) zur deutschen botschaft zu gelangen, erwartete mich an der botschaft eine böse überraschung. nachdem man erstmal die zugbrücke
heruntergelassen hatte und die selbstschussanlagen abgestellt waren, wurde mir mitgeteilt, dass für mich hier leider keine sendung von fedex eingetroffen ist! d. h. ich habe jetzt keinen pass, keine visa für die zentralasiatischen staaten, kein ersatztretlager also, so könnte man sagen, einen sack probleme am bein, wenn meine reise nicht schon in der türkei enden soll!
dabei waren die vergangenen tage echt fast perfekt. göreme war echt super: ich bin in den tuffsteinkirchen und -behausungen rumgeturnt, durch dunkle höhlen und schaechte gekrochen und habe eine ausgedehnte wanderung gemacht. dann habe ich noch ein schweizer paerchen, sandy und tom, getroffen. die beiden sind echt total sympathisch und gerade auf einem 2jahres-trip aus der schweiz
nach australien mit dem landrover. wir haben den ganzen abend geklönt und auch noch den naechsten morgen, bis ein maedel in stylishen outdoorklamotten und einem rad, das man eher unangeschlossen vor der fu-mensa als in einem türkischen touri-ort vermutet haette. sie ist mit ihrem freund seit 3 jahren auf dem rad unterwegs, in vancouver gestartet, amerika nach süden, australien, asien und nun in der türkei gelandet. ich quetsche sie gleich mal ein bischen über tibet aus. ich schaetze es wird höllisch und kaum zu bewaeltigen aber sollte ich doch noch an die visa kommen, werde ich mir das mal angucken. kleiner
vorgeschmack gefaellig, was mich erwarten wird: www3.utsidan.se/corax. das ist die echt gute homepage eines manischen bikers!
nach göreme bin ich langsam nach norden gekurvt und habe in einem fast ausgetrockneten flussbett gecampt. fernab jeder 'zivilisation' und jedes überfreundlichen türken ... dachte ich. als ich gerade mein kochgeschirr wasche taucht doch tatsaechlich ein laut schreiender türke förmlich aus dem nichts aus. er
watet durch den fluss, nimmt von mir aber keine notiz, sondern rast flussaufwaerts, wo er mit zwei 'kollegen' den fluss abfischt, waehrend die fische alle flussabwaerts flüchten. als die fischer beim abfischen bei mir ankommen, klöenen sie natürlich eine runde auf deutsch mit mir! - nachts höre ich die
geflüchtetn fische wieder den fluss hinaufplaetschen. am naechsten tag treffe ich die beiden schweizer wieder und wir verbringen einen gemütlichen abend mit reisrisotto auf dem grundstück eines netten etwas
aufdringlichen restaurantbesitzers. morgens gibt es tatsaechlich selbstgemachte (von sandy in der türkei) aprikosenmarmelade. dann trennen sich unsere wege wieder. sehen wir uns in indien wieder, der schweiz, berlin? die zukunft wird es zeigen.
waehrend ich das hier schreibe rotieren marlen und wahrscheinlich auch mein dad in berlin, um rauszukriegen, wo mein fedex-paeckchen steckt. hoffentlich findet es sich, ans sonsten wird ist die zukunft doch eher unsicher!
es grüsst der D.

Erzurum, 26. 06. 2001
hallo lieber lesergemeinde!
voller spannung erwartet ihr sicher schon meine nachricht. zuletzt habe ich ja aus ankara gemailt. die zukunft der reise stand auf demspiel. wie sollte es weitergehen ohne visa. ich habe nochmal maechtig druck gemacht, nachdem ich von fedex wusste, dass der brief mit den visa am mittwoch, den 13. 06. in der botschaft von einem botschaftsangehörigen in empfang genommen wurde. selbiger war jetzt leider im
urlaub und so setzte eine beispiellose suchaktion in der botschaft ein, um meinen umschlag aufzutreiben. kurz vor toresschluss haben sie es schliesslich auch geschafft und der umschlag landete, nachdem er sichtbar schon durch zig haende gegangen war, in meinen haenden. es war auch alles da, doch fürchte ich,
dass mir die visa noch viel 'freude' machen werden. laut dem visum für russland reise ich über moskau ein (das wird echt schwierig von georgien aus!).
ausserdem hatte ich alle visa so beantragt, dass sich ihre nutzungszeitraeume überlagern. leider haben das die visaagentur oder die botschaften nicht gebacken gekriegt, so dass ich am 21. 08. aus kasachstan ausreisen muss aber erst am 22.08. in kirgistan einreisen darf. das wird wohl ein 12.00 uhr-nachts-übergang. nachdem ich meine visa hatte bin ich auf dem schnellsten weg wieder zurück
in meine 'schlafstadt' kirikkale, ca. 80 km östlich von ankara gefahren. auf dem schnellsten weg heisst: mit dem überlandbus. eine solche reise ist schon ein ereignis: per handzeichen bedeutet man einem heranrasenden bus, dass man mitfahren will. der buss schwenkt an den strassenrand und noch waehrend er ausrollt öffnet ein junger durchgestylter mann in hemd und krawatte (oder fliege) die hintere tür und springt heraus. man steigt ein und er bus nimmt sofort fahrt auf, waehrend der junge mann noch einsteigt und die tür schliesst. dann wird abkassiert (genormte preise sagt mein guide: nach ankara musste ich
1.500.000 Lira (= DM 3,--), von ankara 2.000.000 Lira zahlen. genormt?). waehrend der fahrt gibt es dann eine reihe von serviceleistungen: tee oder kaffee oder doch lieber ein kaltes getraenk? cola, fanta? dann geht der junge mann herum und spritzt jedem mitfahrenden ein duftwaesserschen in die haende, mit dem
man sich die schlaefen betupft und die haende 'waescht'. - einige mitreisende haben es schon gemerkt: irgendwie müffelt es aus den gepaeckablagen. schon geht der junge mann mit einem raumduftspray durch denn bus und rückt dem müffeln zu leibe.                                                                                                           - so geht die reise schnell vorbei - auch mal im gang des busses, wenn alle sitze besetzt sind und ich bin bald wieder in kirikkale. von kirikkale bin ich in sieben tagen ca. 900 km entlang der nördlichen route der alten seidenstrasse nach osten gereist: yozgat, sivas, erzincan und erzurum waren die stationen. die berge um mich herum wreden dabei kaum höher. dafür steigt das grundniveau von 700 m ü. NN in kirikkale auf 1.900 m ü. NN in erzurum an. zwischendurch gibt es ein paar paesse (mal in der karte
eingezeichnet mal nicht) von 2.000 - 2.200 m höhe. die landschaft laedt immer wieder, gerade an den paessen zum wild campen ein, doch bin ich niemals allein! eigentlich immer taucht irgendwann ein türke auf und kommuniziert irgendwie mit mir. ich will jetzt nicht alle diese treffen, mal sehr netter, mal total
nerviger art aufzaehlen sondern einmal exemplarisch ein solches gespraech (oder doch besser eine solche kommunikation) beschreiben: ich fahre in einen ort zwischen 100 und 1.000 einwohnern ein. fast sofort,
sollte ich stoppen, um z. b. irgendwas zu shoppen, bin ich von 'kommunikationspionieren', kindern, umgeben. diese probieren an mir ihr gesamtes englisch-repertoire aus: what's your name? - David. where do you come from? germany. sollte ich dummer weise 'almanya' (türk. für deutschland) antworten, wird mit sicherheit auch ein erwachsener auf mich aufmerksam, der ein gespraech mit einem tourist wittert, der türkisch spricht. der erwachsene bzw. weitaus haeufiger eine ganze gruppe beginnt auf mich auf türkisch einzureden und mich mit fragen zu bombardieren, bis ich irgendwann einmal 'türkce az' (ich spreche kaum türkisch.) einwerfen kann. an dieser stelle gibt es vier möglichkeiten, wie
sich die kommunikation weiterentwickeln kann: 1. das gespraech stockt und ich kann mich mehr oder minder höflich aus dem staub machen.
2. der türke kennt einen beliebten trick, mit dem sich jedes gespreach mit einem auslaender managen laesst: er wiederholt in rascher folge dasselbe wort immer wieder - irgendwann muss ich ja verstehen. ich kontere gelegentlich ebenfalls mit einem zugegebenermassen recht fiesen trick: ich beginne den türken
auf deutsch vollzuquatschen. - das 'gespraech' beginnt zu stocken und ich kann aufbrechen.
3. das gespraech wird im 'esperanto der taubstummen', der zeichen- und gestensprache weitergeführt. hier gibt es oft erstaunliche erfolge. gelegentlich lerne ich die eine oder andere türkische vokabel und nach einiger zeit verabschiedet man sich in freundlichem einvernehmen voneinander.
4. wenn ich bisher von 'dem türken' gesprochen habe, so nur der einfachheit halber. nach spaetestens 5 minuten bin ich naemlich in der regel von einer gruppe von min. 10, meist aber viel mehr maennern umgeben. (bisher habe ich erst einmal mit einer frau gesprochen und das auch noch auf deutsch!) meist wird ein deutsch oder englisch sprechender einheimischer als dolmetscher hinzugezogen ('ich habe 9 jahre in dortmund gearbeitet.' 'meine tante lebt in berlin.' 'ich bin in deutschland aufgewachsen.' ...). jetzt kann sich ein richtiges gespraech entwickeln. neben meinen reisezielen gilt eine der ersten fragen immer meiner arbeit. - student, arbeitsloser, reisender? dann: fragen nach der familie: wie heisst mein vater? (eigenartige frage! - nicht aber in der türkei!) was arbeitet er? habe ich geschwister? bin ich verheiratet? wieviele kinder habe ich? (meine antworten 'nein' und 'null' führen haeufig zu heftigem stirnrunzeln.) dann wendet sich das gespraech meist dem rad zu: wieviele gaenge? 14. begeisterung und enttaeuschung halten sich bei dieser antwort die waage. begeistert sind die, die es erstaunlich finden, wie das wohl technisch funktionieren mag. (kann ich auch nicht erklaeren! hat die rohloff-crew hier eine türkische erklaerung parat?) enttaeuscht sind die, deren freund, verwandter, ... ein kaufhausmounty mit 18 oder mehr gaengen besitzt. dann fasziniert dieses silbern glaenzende teil an meinem lenker - die klingel. natürlich die taschen - wasserdicht! die bremsen - man kann die funktion gar nicht richtig erkennen (ihr wisst schon magura-hydraulikbremsen: nur die belaege bewegen sich hin und her.) langsam ist dann alles gesagt und ich kann mich abseilen. begleitet von den besten wünschen.
eine spezielle frage, die immer wieder gestellt wird, wenn ich ohne bike unterwegs bin, will ich hier noch erwaehnen, weil sie zeigt, was die menschen hier von einem deutschen denken: 'bin ich mit meinem BMW oder mit meinem mercedes da?'
so. damit erstmal genug aus der türkei.
es grüsst der D.

Kars, 01. 07. 2001
grüsse an die liebe lesergemeinde!
die letzten tage hielten ein wahrhaft wechselhaftes programm für mich
bereit. ich berichte am besten mal von anfang an:
am letzten mittwoch bin ich zusammen mit wouter, einem hollaender, der mit
dem rad auf dem weg nach china über den iran und pakistan ist , aus erzurum
richtung osten aufgebrochen. wir überquerten meinen bisher höchsten pass mit
gepaeck (2.300 m), fuhren durch agri, campten zweimal sehr schön wild in den
bergen und errreichten am dritten tag nach ca. 300 km den berg ararat, den mit
über 5.000 m höchsten berg der türkei und zu seinen füssen die 'stadt'
dogubayazit. dogubayazit ist der bisher mit abstand aetzendste ort, in dem ich
jemals gewesen bin: auf einer absolut kargen hochebene (~ca. 1.600 m) stehen zig
aermliche einstöckige 'haeuser' und ein paar unschöne betonklötze. die
strasse ist in denkbar schlechtestem zustand und von unzaehligen 'tankstellen'
gesaumt: in der landschaft herumstehende tanks oder benzintonnen, aus denen per
hand das benzin in die fahrzeugtanks gepumpt wird. wir rasten förmlich durch
den ort zum im wahrsten sinne des wortes 'highlight' dieser siedlung: dem
ishak pasha seray, einem palast aus dem 17. und 18. jahrhundert. der anstieg zu
diesem pass entpuppte sich dann als dass haerteste stück weg, dass ich jemals
gefahren bin: es ging wahnsinnig steil bergan, auf ca. 2,5 km rund 200
höhenmeter. mit dem gepaeck und in der höhe bin ich das erste mal an den rand
meiner kraefte bzw. meiner lungenleistungsfaehigkeit gelangt und musste auf dem
kurzen stück tatsaechlich eine pause machen. (seid ihr da auch hochgefahren,
olli? sag bitte nicht, dass es noch schlimmer kommt!) der palast war dann
wirklich unheimlich sehenswert: sehr gross und mit faszinierenden unheimlich
qualitaetsvollen reliefen. dazu mit einer unerhört schönen lage: wirkte die stadt
und die sie umgebende landschaft aus der naehe nur aetzend, so war sie von
hier oben wirklich wunderschön. wir campten unterhalb des palastes auf einem
der 'schönsten campingplaetze der welt', laut lonely planet-führer. seitdem der
letzte führer erschienen ist, hat es hier leider erhebliche tektonische
verwerfungen gegeben und statt des ararat-blickes hatten wir nur den blick auf
eine jüngst aufgefaltete 2.500 m hohe schroffe bergkette. die nacht war dann
leider auch kein vergnügen: bis ca. 0:30 uhr laute musik, die dann ab 5:15 uhr
(!) wieder über den campingplatz schallte. ich machte mich schnell auf nach
norden gegen einen unerhört starken wind, der mein tempo z. t. auf 10 km/h
drückte. jetzt machten sich auch erhebliche zweifel an meiner karte breit, denn
meine tagesstrecke war letztlich viel laenger, asl auf der karte angegeben
und der strassenverlauf entsprach auch nicht unbedingt der wirklichkeit. die
naechste nacht campierte ich in dem stürmischen wind mitten auf einer fast
vegetationslosen hochebene in der naehe zu militaerischem sperrgebiet an der
armenischen grenze. mitten in der nacht baute ich dann mein zelt ab, weil ich in
dessem windbedingten geflatter einfach kein auge zugekriegt habe und schlief
nur mit schlafsack auf isomatte sofort ein. heute ging es dann weiter über
einen weiteren pass nach kars.
so das waren die eckdaten der letzten 5 tage, aber was ist wirklich passiert?
ich habe mit drei dingen bekanntschaft gemacht, vor denen bei türkeireisen
immer gewarnt wird: östlich von erzurum scheint es für die kinder keine
grössere freude zu geben, als reisende mit steinen zu bewerfen und permanent
bettelnd zu belaestigen. ohne zweifel sind die menschen hier nach westlichen
massstaeben sehr arm, aber man hat eine satellitenschüssel auf dem dach und traegt lacoste-shirts.
bekanntschaft habe ich jetzt auch mehrfach mit wilden hunden (d. h.
verwilderten und sich wild gebaerdenden) gemacht. waehrend unseres ersten camps in
den bergen bin ich morgens davon aufgewacht, dass drei hüfthohe schaeferhunde,
offenbar auf der suche nach essbarem, durch unser lager stromerten und mal
die nase in mein vorzelt steckten. einen tag spaetr lernte ich dann die sich
wild gebaerdenden hunde kennen: auf einer passabfahrt hatten drei schaeferhunde
nix besseres zu tun, als mich einige 100 meter laut bellend zu begleiten und
mir ihr gepflegtes gebiss zu zeigen.
und dann habe ich meine erfahrungen mit dem türkischen militaer gemacht. es
hat, im gegensatz zur bundeswehr, eine wichtige aufgabe: es schützt die
türkei und damit auch deren westliche verbündeten vor gefaehrlichen agressoren im
osten des landes. an erster stelle ist hier die waffenstarrende weltmacht
armenien zu nennen, die nur daruf wartet mit ihren horden die gesamte westliche
welt zu erobern. und dann gibt es natürlich die kurden, die in ihrem völlig
unverstaendlichen drang nach selbstbestimmung die welt mit terror überziehen
wollen. um beiden bedrohungen herr zu werden ist das türkische militaer im
osten des landes besonders praesent. andauernd wird man von militaerposten
kontrolliert, die mit sandsackverhauen und panzern überall zu finden sind.
am ersten tag nach erzurum wurden wir dann zu unserer überraschung von dem
offizier eines solchen postens zu einem tee eingeladen. die konversation
entwickelte sichwi eimmer sehr schleppend, bis ein englisch sprechender soldat
herbeibefohlen wurde. er verfügte über ganz erstaunliche englischkenntnisse
(what's your name? where are you from?), so dass wir bald mit den besten wünschen weiterfahren konnten.
drei tage spaeter bereitete ich gerade ein selbstauslöserfoto mit dem ararat
im hintergrund vor, als ein lkw nneben mir hielt. da ich wie schon eine
minute zuvor einen hilfsbereiten türken vermutete, der mir bei meinem liegenden
bike helfen wollte, sagte ich nur, das auge weiter an der linse: okay, okay
... tamam! statt eine antwort zu erhalten, wurde ich barsch zur seite geschoben
und ein korpulenter glatzkopf linste durch die linse, waehrend seine beiden
in modischen tarnklamotten auftretenden kameraden mit ihren MP diesen
offensichtlich in bikerklamotten getarnten armenischen spion in schach hielten.
nachdem der glatzkopf sich überzeugt hatte, dass ich mit meinem 28-80mm-objektiv
die neueste militaerbasis am 60 km entfernten ararat anvisiert hatte,
forderte er mich auf meien passport zu zeigen. erst jetzt entspannte sich die lage
etwas und der glatzkopf erklaerte mir, das wir in militaerisch hochsensiblem
gelaende waeren, fotos daher verboten seien und ich doch schnell boden gewinnen solle.
nach diesem erlebnis könnt ihr euch vorstellen, wie ich mir in die hose
gemacht habe, als ich letzte nacht in der naehe der armenischen grenze campte. -
'in die hose gemacht' habe ich mir übrigens im wahrsten sinn des wortes, denn
seit drei tagen habe ich dünnschiss, was nicht gerade förderlich ist, wenn
man über paesse klettern muss und gegen den wind ankaempfen muss. und kaum
aussicht auf besserung, denn seit ich vom ararat weg bin werde ich staendig zu
frisch geernteten aprikosen eingeladen. die schmecken zwar sehr gut, beruhigen
einen angespannten magen-darm-trakt nicht gerade.
so das war es erstmal. in drei tagen bin ich in georgien. ich hoffe, von
dort aus oder vo russland aus wieder mailen zu können. ansonsten gibt es
vielleicht erst wieder nachricht aus china, da gibt es naemlich mit sicherheit
internet-cafes.
David

Batumi, 05.07.01                                                                                                                                                hallo liebe leser!
ich melde mich hier aus batumi an der georgischen schwarzmeerkueste. nach
meiner letzten mail aus kars habe ich nochmal eine kleine biege durch die berge
im nordosten der tuerkei gemacht. hatte ich am tag vor kars noch extrem
trockenes land, so wurde es mit jedem kilometer feuchter. erst hatte ich
herrliche bluehende bergwiesen in einer hoehe von rund 2.000 m und dann nach meinem
bisher hoechsten pass (2.650 m) endlich wieder wald. das panorama war
alpenartig, vielleicht ein bischen schroffer. ich bin dann durch eine tief
eingeschnittene schlucht getourt, in den ohren nur das gerausch des brausenden wassers
und des fahrtwindes. leider haben die tuerken hier massiv angefangen die
natur zu zerstoeren. weil mal wieder ein neuer staudamm gebaut wird, musste in
brutaler weise eine strasse in den hang geklotzt werden. das ganze tal ist
versaut und ueber den sinn dieses staudamms kann man wohl auch streiten.
tja und dann kam der grenzuebergang nach georgien. hier war ich dem abbruch
meiner reise echt verdammt nahe. vielleicht bin ich fuer eine solche reise
doch zu weich. aber ich starte besser am anfang:
zunaechst galt ers den tuerkischen grenzposten zu durchdringen. kein
einfaches unterfangen, da normaler weise ein stempel im pass, der die einreise
bestaetigt, erforderlich ist. der pass mit diesem stempel duerfte im moment aber
eine kleine runde durch die berliner botschaften von china, indien und
pakistan machen. also habe ich den grenzern eine kleine luegengeschichte
aufgetischt: ich waere mit dem personalausweis von griechenland eingereist (neben der
einreise per flugzeug die einzige moeglichkeit in die tuerkei ohne reisepass
einzureisen) und haette keine papier mit stempel erhalten. nach langen
verwirrungen und einem gespraech mit dem oberfuzzie an dem grenzposten durfte ich
dann passieren. also hinueber zum georgischen grenzposten! von einem gammlig
aussehenden soldaten werde ich durch ein massives gittertor vom niemandsland auf
georgisches territorium eingelassen. zwei herren in weissen hemden mit
sonnenbrille heisssen mich in georgien willkommen - die mafia. mein pass, bzw. das
visa wird kontrolliert und mit einem computer erfasst. und hier beginnen die
probleme: das kostet! $ 3,--. lonely planet hatte geraten an der grenze
keine dollar zu besitzen sondern nur reisechecks und so besitze ich nur
reisechecks. nach einigem diskutieren u. a. mit den mafia-herren darf ich passieren.
auf zum zoll! nachdem ich meine zollerklaerung ausgefuellt habe, werde ich
gefragt, ob ich nicht ein kleines geschenk haette. $ 5,-- waeren ok. ich hatte
keine und konnte nach einigem diskutieren passieren. der letzte kontrollpunkt:
passaporto ... und wo ist der quittungszettel, dass ich im computer erfasst
waere? ohne den koente ich nicht passieren. ich erklaere wieder, dass ich nur
reisechecks habe. man ist gnaedig: $ 5,-- und ich koentte passieren. nachdem
ich schliesslich fast einen hysterischen anfall gekriegt habe, laesst mich
ein aelterer grenzbeamter, dem diese dollargeilheit offenbar auf den nerv
geht, passieren. ich bin in georgien! leider haben inzwischen alle banken und
wechselstuben geschlossen, geldautomaten gibt es nicht. ich kann mich mit viel
ueberedungskunst in ein hotel einmieten, mit dem versprechen heute geld aufzutreiben.
geld habe ich inzwischen und wenn alles gut laeuft, kann ich morgen ein
schiff nach russland nehmen. ich hoffe, es geht alles gut. zwar habe ich dann nix
von georgien gesehen, was schade ist , da ich zumindest einen blick auf den
kaukasus werfen wollte, aber es war nicht rauszukriegen, wann das naechste
schiff geht. drueckt mir weiter die daumen David

Sochi, 09.07.01                                                                                                                                                          hallo liebe leute!
nach meinen panikmeldungen aus georgien, gibt es jetzt some new stuff.
georgien war natuerlich nicht wirklich schlimm: die leute waren sehr nett,
die lebenshaltungskosten gering. die meisten menschen dort sind ziemlich arm,
dennoch sieht man immer wieder dicke BMW oder Daimler auf der strasse - die
mafia. ihr denkt wahrscheinlich, der spinnt, wenn ich von der mafia spreche.
habe ich vorher auch gemacht, bis ich diese leute kennengelernt habe. batumi
muss schon einmal bessere tage gesehen haben, denn ueberalle sind schoene
prachtvolle bauten und villen zu sehen, von denen aber viele stark
heruntergekommen sind. die lage macht batumi zu einer der schoensten staedte, die ich je
gesehen habe: steil fallen bewaldete haenge bis direkt zum meer hin ab und in
einer kleinen bucht liegt dann die stadt, waehrend sich die vororte pittoresk
die haenge hinaufziehen.
der kauf des schiffstickets nach sochi, russland, war dann wieder ein
kleines abenteuer: ich musste mein visum fuer russland vorzeigen, moeglichst in
dollar zahlen und vor der abfahrt noch den schiffseigner schmieren, dass er mein
bike mitnimmt. das wechseln eines 50$-reiseschecks dauerte ca. 1 h und ich
musste 7 (!) unterschriften unter verschiedenste formulare leisten. das geld
brauchte ich fuer das schiffsticket.
die fahrt selbst war dann problemlos, ebenso die einreise nach russland.
hier gibt es nur ein problem: ich muss mich innerhalb von 72 h beim zustaendigen
OVIR registrieren lassen. diese eigenartige amt zu finden hat mich heute
schon 2 h gekostet - und dann hatte es auch noch zu. morgen auf ein neues!
jetzt, wo ich noch einmal fuer einige tage nach europa zurueckgekehrt bin,
ist, so denke ich, die zeit fuer eine kleine bilanz gekommen. hier also die
HIGHS and LOWS der letzten 2 monate:
das schoenste wildcamp -> in den apusenen, rumaenien. auf einer gebirgsaue,
in der mitte des tales plaetscherte ein kleiner bach und der blick schweifte
weit ueber die umliegenden bewaldeten berge.
das krasseste wildcamp -> tuerkei, an der grenze zu armenien. am boden
stehen die grasbueschel 10 cm auseinander, dazwischen roter sand und geroell. ich
campe im stuermischen wind in einer flachen mulde auf einer hochebene. quasi
in sichtweite das schild: restricted area und in 2 km entfernung der naechste
tuerkische militaerstuetzpunkt mit 2 radpanzern.
der schoenste campingplatz -> tuerkei, halbinsel gallipoli. ich habe mitten
in einem nationalpark den strand fuer mich alleine. herrliches meer und
warmwasserduschen non-stop. das hatte natuerlich seinen preis.
der schlimmste campingplatz -> rumaenien, oradea. die hygienischen
verhaeltnisse waren unbeschreiblich, aber wenigstens campte ich sicher hinter einem zaun.
die schoenste etappe -> ist schwer zu sagen. zu den tops gehoeren der letzte
tag in bulgarien: 60 km, nur eine siedlung quer durch herrlich bewaldetes
bergland; in der tuerkei die etappe suedlich tekirdag auf einer in den berghang
geschuerften strasse mit blick ueber das marmerameer; von erzincan nach
erzurum entlang des euphrat: ein naturschauspiel ohnegleichen: vergesste den
donauradweg, auf zum euphrat; die vorletzte etappe in der tuerkei bis 40 km vor
artvin: alpine landschaft, ein riesiger pass, eine strasse, die durch eine
tiefe schlucht fuehrt, wechsel von vegetationszonen - was will man mehr?
die aetzendste etappe -> rumaenien, von den karpathenauslaeufern nach
giurgiu. das war einfach nur aetzende donauebene und das auch noch 170 km.
der laengste tag -> vorletzte etappe tuerkei: ich fahre um 8:00 uhr morgens
los und bin erst in der dunkelheit in artvin.
der krasseste anstieg -> tuerkei, dogubayazit. hinauf zum ishak pasha seray
war das schlimmste, was ich je gebikt bin. eigentlich kann es nicht mehr
krasser kommen. 3 km und einmal pause machen ist, glaube ich, unschlagbar.
die netteste einladung -> tuerkei, 50 km vor erzurum. aus der einladung zum
tee wird ein kleines gelage im kreis der (maennlichen) familie. unglaublich
nette und freigiebige menschen. ich habe es sehr genossen!
noch einige tops:
- baden in fluss"pools"
- wild campen im gebirge
- baclhava essen
- durch kappadokien wandern
- durch antike ruinen schlendern
so jetzt schauen wir mal, was die naechsten 4 monate so bringen. ich bin
gespannt
David

Turkistan, 07.08.01                                                                                                                                                          hallo liebe daheimgebliebenen!
als gott die erde schuf, hat er kasachstan als eines der letzten laender
geschaffen. er hatte nur noch wenig "berge" uebrig und die hat er in den
suedosten des landes gepackt. "ebene" hatte er noch reichlich, und er verteilte sie
ueber den rest des landes. "vegetation" war ebenfalls knapp, und gott streute
ein wenig davon mit lockerer hand ueber das land. "schatten" war quasi aus,
und so gab es fuer kasachstan nur eine messerspitze voll davon. dafuer hatte
gott noch einen haufen "heisses und trockenes klima im sommer und eisiges und
trockenes klima im winter" uebrig. das resultat dieses schaffensprozesses
war ein heisses land mit durchschnittlichen tagestemperaturen um 40 grad
celsius im schatten (den es nicht gibt!), endlosen steppen, wuesten und
halbwuesten, welche gott mit eigenartigen reptilien und insekten, aber auch mit woelfen,
antilopen, unzaehligen verschiedenen vogelarten und eigenartigen riesigen
tieren mit zwei hoeckern belebte. als gott aber jetzt auf dieses land schaute,
merkte er, dass es kein sehr freudvolles land war, und er bevoelkerte es mit
einem sehr (gast)freundlichen volk, den kasachen. gott konnte noch nicht
ahnen, wie sich die menschheit entwickeln wuerde und dass es einmal so etwas wie
polizei geben wuerde. diese naemlich war nicht freundlich, sondern korrupt
und immer auf das geld eines jeden fremden aus, der durch dieses land reiste.
das sind also die rahmenbedingungen, unter denen ich seit zwei wochen
unterwegs bin. leider hatte gott auch noch keine ahnung, wo einmal die grenzen
verlaufen wuerden und so fing die endlose steppe schon 450 km vor der
kasachischen grenze in russland an. davor war ich durch "brandenburgisches" agrarland
und durch "subtropische regenwaelder" an der russischen schwarzmeerkueste
geradelt. in der kalmuekken-steppe ist es dann hoellisch geworden: taeglich diese
40 grad, kein schatten und bei ortschaften alle 80 - 100 km gab es auch ein
grosses problem sich mit wasser (taeglicher fluessigkeitsbedarf inzwischen 10
- 12 l) und lebensmitteln zu versorgen. in kasachstan (in das man ironischer
weise an der grenze mit einer faehre uebersetzt!) hat sich diese problem
weiter verschaerft. es ist noch etwas heisser geworden. die orte liegen noch
weiter auseinander, wenn sie denn existieren und nicht nur ein phantasiegespinst
meiner karte sind. und es gibt nicht immer alles zu kaufen, um nicht zu
sagen, es gibt fast nichts zu kaufen. haeufig gibt es kein brot. (ich habe schon 2
x verschimmeltes brot gekauft und gegessen!). gelegentlich gibt es kein
wasser oder nur eine flasche, so dass ich zuweilen schon bier getrunken habe, um
den durst zu stillen. (ihr koennt euch vorstellen, wie dessen alkoholgehalt
einschlaegt bei halbleern magen und den temperaturen!) dafuer sind die
menschen wirklich wahnsinnig nett (haeufig zu nett! wenn ich voellig fertig vor
einem laden sitze und nur mein wasser trinken und mein snickers essen will, dann
will ich einfach kein gespraech fuehren.)
ich habe also schon unzaehlige kontakte zu einheimischen gehabt, drei davon
will ich im folgenden aber besonders hervorheben.
1. ich war kaum in kasachstan angekommen, als mich schon ein wahnsinniger
durst zu quaelen begann. in einem dorf sah es mir so aus, als ob am ende einer
kurzen sandpiste ein laden waere. um dort nicht vergeblich hinzufahren,
fragte ich einen jungen, der an der strasse stand, ob dort ein laden (russ.
magasin) waere, in dem es wasser (russ. vada), limonade oder cola gaebe. keine
reaktion. also kramte ich in meinem gedaechtnis nach tuerkischen vokabeln, denn
kasachisch soll so aehnlich sein wie tuerkisch (ich merke leider nur wenige
uebereinstimmungen!) und sagte: "su" (tuerk. fuer wasser). offenbar klingelte
da was bei dem jungen und er nickte und wies mich zu dem "laden". gleichzeitig
rief er irgendwas und eine kleine menschenmenge, vorallem aus kindern
bestehend, stuermte mir entgegen. vor dem "laden" fragte ich noch mal, ob es
wirklich ein laden waere und wurde nickend hineingewiesen: es war eine kasachische
wohnkueche! mir wurden sofort decken und kissen zurechtgelegt und eine schale
mit wasser gereicht und eine halbe stunde spaeter sass ich mit einer
kasachischen grossfamilie (wirklich gross! min. 20 personen) bei "tisch" und war zum
mittagessen eingeladen. was aber gab es? natuerlich den obligatorischen
salat aus tomaten und gurken, der mich seit der tuerkei verfolgt und gelegentlich
mit mayonnaise erschlagen wird. dann natuerlich brot (in der ex-sovietunion
in der regel in quaderform. je nach region wird das brot dann in besonderer
weise aufgeschnitten.) und eine art aprikosenmarinade. dazu sweets. (weil ein
gast im hause war, der uebrigens immer am kopf der "tafel" sitzt, die
eigentlich ein niedriger tisch ist, damit man daran liegen kann.) dann gab es noch
ein nudelgericht, ganz einfach, aber sehr schmackhaft und labend. dazu gab es
(natuerlich!) tee. er wurde immer wieder in eine schale nachgeschenkt:
zunaechst ein bischen frischgemolkene warme milch, die dann mit dem tee aufgegossen
und mit viel zucker gesuesst wurde. die stimmung war sehr herzlich und die
menschen unheimlich nett und zuvorkommend. und sie haben mich einfach
eingeladen, obwohl sie selbst sehr wenig haben. ich war schlichtweg baff!
uebrigens apropos tee: in kalmuekkien habe ich weissen kalmuekkischen tee
getrunken: frisch gemolkene warme gesalzene milch, die dann mit tee aufgegossen
wird. salzig, wegen des grossen schweissverlustes in der hitze!
2. wegen meiner unglaublichen schwaechlichkeit habe ich im norden
kasachstans fuer ca. 700 - 800 km den zug genommen. ein abenteuer sondergleichen! der
kauf der fahrkarte hat rund 2 stunden gedauert und die fahrt rund 17 stunden!
das abenteuer begann, als ich an der provinzstation in den zug gestiegen bin.
der gepaeckbeauftragte des bahnhofs (so was gibt es hier!) half mir in
aeusserst freundlicher weise mein rad im gepaeckwagen zu verstauen. als ich dann
in meinen waggon steigen wollte, versuchten drei eigenartig aussehende herren,
mir die fahrkarte abzuziehen. ein alter trick, um im zug nochmal fuer die
fahrkarte zu kassieren. ich konnte entkommen. im zug dann war meine koje
belegt. ebenfall sein alter hut; die schaffner verdienen sich was nebenbei, indem
sie unbelegte kojen auf ihre rechnung verkaufen. die naechsten stunden
verbrachte ich jetzt, z. T. auf einem eimer sitzend (!) im schaffnerabteil. dann
verschaffte mir eine aeltere dame, die englisch sprach (von mir wegen ihres
aussehens und sehr aufdringlichen verhaltens "puffmutter" getauft) meinen platz
im abteil. dort wurde es dann sehr nett. meine mitreisenden waren eine junge
frau, mira, und ihre beiden nichten. sie arbeitet bei tenghizchevroil als
dolmetscherin. tenghizchevroil exploriert das wahrscheinlich groesste noch nicht
explorierte oelfeld der welt am kaspischen meer. ich wurde zum tee eingeladen
und lernte eine kasachische spezialitaet, kazy, eine extrem fettige und
salzige pferdewurst, kennen. von mira habe ich viel ueber kasachstan, seine
menschen und gebraeuche erfahren. mein ausstieg in aral war dann wieder ein
abenteuer. nachts um 01:00 uhr habe ich natuerlich das hotel nicht gefunden und
einfach meinen schlafsack an einer dunklen stelle ausgerollt: im alten
hafenbecken der stadt nur rund 200 m vom hotel entfernt!
3. in diesem hotel lernte ich dann einen jungen mann kennen, der der
kasachischen oberschicht angehoert. von ihm konnte ich dann noch einmal vieles ueber
kasachstan erfahren und ueber das selbstverstaendnis insbesondere der
oberschicht: wenn er jagt und tiere toetet, fuehlt er sich gut. die
klimaveraenderungen in der aral-regionen sind nicht etwa folge des austrocknenden aralsees
sondern der raketenstarts in baikonur, bei denen loecher in die atmosphaere
gestossen werden. korruption ist ok!
ihr seht ich habe hier schon menschen aus den drei wichtigsten
bevoelkerungsschichten kennengelernt, der landbevoelkerung, der intelligentsia und der
oberschicht. der erlebniswert dieses landes ist so auch weniger das land an sich
sondern die menschen.
hierzu noch eine kleine anmerkung zum polizeiapparat diese landes. taeglich
werde ich kontrolliert (rekord 4 x). aber nicht etwa um der kontrolle willen,
sondern das ziel dieser kontrollen ist es, mir irgendwie mein westgeld aus
der tasche zu ziehen, wie ein polizist sogar mal zugegeben hat. zwar kann ich
mit diesen kontrollen inzwischen wirklich super relaxt umgehen, aber sie
nerven!
noch schnell zwei stories von den zig stories, die mir hier bisher passiert
sind. in aral habe ich berliner getroffen. etwas arrogant, ein richtiges
gespraech kam nicht zustande, sie hatten ja auch ihre supertolle reise durch
zentralasien zu organisieren.
300 km spater habe ich mitten in der halbwueste 4 englander auf motorraedern
getroffen. das war echt cool. wir haben 1 stunde in der gluehenden hitze
gestanden, gequatscht, gelacht, gefilmt und fotografiert.
so das war es erstmal in aller kuerze. es gruesst der D.
 

Taraz, 15. 08. 2001
liebe freunde der gelesenen reise,
erstmal ein nachtrag: der letzte bericht kam aus turkistan.
womit ich gleich mitten in meinem neuen bericht waere, denn in turkistan
wurde alles anders. dort war ich offenbar aus dem armenhaus kasachstans heraus
und auf einem unglaublichen quirrligen bazar war schlichtweg alles
erhaeltlich, vom apfel bis zur zimtstange. seitdem habe ich immer ordentlich einkaufen
koennen und es gab sogar wieder diese limonaden der beiden amerikanischen
softdrink-produzenten. die gab es vorher fuer rund 1.500 km nicht. dafuer gab es
dann eine unglaubliche kasachische limonade in allen geschmacksrichtungen von
apfel bis zitrone (und sogar drei "K"s: kiwi, kirsche, kola sowie die
geschmacksrichtung "fanta"). diese limonaden hatten nur einen haken. sie enthielten
nie auch nur einen ml fruchtsaft, sondern wasser, zucker und eine
erfrischende anzahl von "E"s als aromat, konservator etc. getarnt.
in turkistan gab es auch endlich was fuers auge. schon vor der einfahrt in
die stadt hatte ich in der halbwueste eine maechtige mittelalterliche festung
gesehen. in turkistan schliesslich gab es ein monumentales mausoleum zu
sehen, dessen blautuerkisene fliesung fantastisch in der sonne glaenzte. daneben
stand dann noch ein weiteres restauriertes mausoleum, ebenfalls in der sonne
glaenzend. am naechsten tag bin ich nach otrar weiter und habe die quasi
inexistenten ruinen der stadt besucht, die dschingis khan zu seinen
eroberungszuegen animiert hat: in otrar wurden seine handeslgesandten gemeuschelt.
daraufhin ist er mit ca. 200.000 mann ausgezogen, um die welt zu erobern und nebenbei
otrar dem erdboden gleichzumachen. - bei einem benachbarten mausoleum wurde
ich in das kartenverkaufshaeuschen eingeladen, um tee und camelmilch zu
trinken, weil,ich einen so weiten weg auf mich genommen habe, nur um zu diesem
mausoleum zu kommen. im gespraech habe ich dann erfahren, dass es nicht nur in
europa verrueckte reisende gibt. ein kasache aus turkistan ist schon mit dem
fahrrad nach mekka gefahren, ein anderer zu fuss durch die wueste taklamakan,
die sahara und die wuesten australiens gewandert. schon in russland hatte ich
von einem wahrhaft verrueckten deutschen gehoert, der heute an der
universitaet von ellista in kalmuekkien lehrt: er ist mit dem tretroller von ellista
nach samarkand gefahren: immerhin rund 2.500 km nur durch steppen und wuesten!
apropos andere reisende: viele habe ich ja noch nicht getroffen aber immer
wieder erreicht mich kunde von anderen bikern. so habe ich gestern in einem
кафе zu mittag gegessen (es wurde extra fuer mich
gekocht.) in der offenbar schon eine reihe biker, die entlang der seidenstrasse
unterwegs waren, gegessen haben. die besitzerin wusste von 3 anderen
einzelfahrern zu berichten (eine frau darunter) und von einer vierergruppe. (olli und
britta! habt ihr etwa nicht da gegessen? hattet ihr keinen hunger? die
futterstelle ist direkt hinter dem kleinen "pass" zwischen shymkent und taraz (ehem.
shambyl).)
was sit noch so passiert? ich bin weiter nach shymkent und dahinter erstmals
in die naehe der berge, die schon hier auf ueber 4.000 m ansteigen,
vorgestossen. ich sah gletscher in der sonne blitzen und den wahrhaft fast
unglaublich abrupten uebergang von der total flachen ebene in die schroffen und ja
nicht gerade niedrigen berge.
ein paar worte zum wetter; nachdem ich ja schon seit russland wochenlang
durch tagestemperaturen von durchschnittlich 40 grad radelte, hat es jetzt einen
heftigen temperatursturz gegeben, und es sind nur noch um die 20 grad. seit
gestern regnet es sogar!!
leider ist in all meinen erzaehlungen russland voellig zu kurz gekommen. das
hole ich dann muendlich nach. nur soviel: es ist unheimlich angenehm durch
russland zu reisen, denn die menschen sind unerhoert nett und mit den
behoerden gibt es wirklich ueberhaupt keine probleme (im gegenteil: abgesehen vom
OVIR sind sie sogar extrem hilfsbereit und freundlich!). was russland aus meinen
bisherigen reiselaendern heraushebt ist zweierlei: erstmal war auch dort die
zu durchfahrende landschaft unglaublich langweilig: waelder,
"brandenburgische" agrarflaechen und zuletzt die kalmuekken-steppe. und dann die menschen.
im gegensatz zu den andren laendern trifft man naemlich nicht nur russen
sondern menschen unzaehliger ethnien: tschechenen, georgier, andere kaukasier,
ukrainer, russen, kasachen, balten, kalmuekken, ...
soviel erstmal. eigentlich ware noch unerhoert viel zu sagen, doch das
kriege ich hier kaum unter. vielleicht noch kurz ein paar worte zum material: die
rohloff-nabe rollt und rollt, die maguras werden wohl erst wieder in den
bergen gebraucht, die lichtanlage habe ich ausser bei polizeichecks noch
ueberhaupt nicht gebraucht. der hammer sind die reifen; ich habe jetzt ueber 9.600 km
runter und noch keinen einzigen platten!
es gruesst der D.

 

16.08.01

hallo, ich bin's nochmal!
nachdem ich gestern ja meine letzten reisetage beschrieben habe, will ich
jetzt noch einmal auf einige spezialproblem eingehen.
ihr fragt euch sicherlich: wie verstaendigt der sich eigentlich?
in oesterreich war das ja kein problem, die sprechen da ja auch eine art
deutsch. schwieriger war schon ungarn, aber es fanden sich fast immer ein paar
english-speaker. in rumaenien kam ich mit meinen italienisch-kenntnissen ganz
gut durch und gelegentlich mit franzoesisch! bulgarien musste irgendwie in
erster linie mit zeichensprache funktionieren, genauso georgien, wo man sich
weigert russisch, die sprache des ehemaligen ursurpators, zu sprechen.
tuerkisch konnte ich mir ja in einigen brocken aneignen und mich so einigermassen
durch das land quatschen. in russland und auch hier in kasachstan wird nur
russisch gesprochen. die anzahl der english-speaker kann ich an den fingern einer
hand abzaehlen! in kasachstan sprechen die menschen gelegnetlich sogar nur
kasachisch, da versagt die verstaendigung dann zumeist voellig. hier
funtioniert die zeichensprache naemlich auch nicht mehr, die offenbar nicht
international ist sondern kontinental gepraegt. inzwischen habe ich z. b. erfahren,
warum ich auf mein gezeigtes "ich will trinken-zeichen' nix zu trinken erhalten
habe. das zeichen bedeutet hier naemlich, dass man was rauchen will und zwar
keinen tabak sondern nicht ganz legale kraeuter. kein wunder also, dass ich
erstaunt angeguckt werde, wenn ich in der oeffentlichkeit anzeige, dass ich
verbotene drogen rauchen will!
apropos kraeuter. die letzten beiden naechte im zelt habe ich auf wiesen
verbracht, auf denen fisherments-friend eukalyptos-menthol gewachsen ist. (schon
peinlich, dass ich nicht sagen kann, welches kraut es tatsaechlich war. es
hat auf jeden fall fantastisch gerochen und die nase frei gemacht, wie sonst
nur ein liter chinaoel!)
nochmal zu einer ganz anderen sache. ihr habt euch sicher insbesondere nach
meiner mail aus turkistan gefragt: warum macht er das? hat er kein "heimweh'?
warum ich das mache, ist ganz klar: der erlebniswert dieser reise ist
wahsinnig. ich sehe nicht nur unglaubliche landschaften, die man sonst nur aus der
glotze oder aus buechern kennt, sondern ich tauche z. t. auch tief in voellig
fremde kulturen ein. werde nach hause zum essen eingeladen und sehe, wie die
menschen in ganz anderen laendern leben. immer wieder koste ich lokale
spezialitaeten. - hier in der ex-su ist der lebensstandard gegenueber den menschen
auf dem land in rumaenien uebrigens ganz erheblich viel hoeher. es gibt
fliessend wasser im haus (wenn auch in der steppe oft auf ein paar stunden
limitiert) und strom sowie zumeist einen anschluss an die zentrale gasversorgung
fuer den herd. in der regel gibt es auch einen fernseher, der zumindest die
ranzigen staatlichen kanaele (c-klasse-serien aus den usa und c-movies, sowie
langweilige reportagen und andauernd nachrichten, zumeist nur aus dem eigenen
land) ins haus bringt.
eine andere sache ist das "heimweh". natuerlich gibt es neben persoenlichen
wehs (ueber die sich jeder selbst seine gedanken machen kann) ein paar
saechliche dinge, nach denen mich verlangt. eine warme dusche, wann immer ich sie
haben will, ist z. b. so eine sehnsucht. aber ich wasche mich taeglich mit ein
wenig wasser und gegen die menschen in der steppe, bin ich eigentlich immer
wie geleckt. in der berliner u-bahn wuerden die leute zwar von mir abruecken,
aber da bin ich ja auch nicht!
super ware auch mein spiesser-fruehstueck von zuhause: broetchen mit
verschiedenen marmeladen, erdnusscreme, saft und ordentlich kaffee und nicht wie so
haeufig auf dieser reise irgendein zusammengestuempertes magengefuell. - aber
dafuer bin ich eben in einer ganz anderen welt unterwegs!
wonach mich allerdings am meisten verlangt, ist ein buch! ich stuempere mir
schon immer die uebersetzungen von irgendwelchen lebensmittelpackungen
zusammen, um ueberhaupt irgendwas zu lesen. meinen reisefuehrer zentralsaien kann
ich inzwischen fast auswendig aufsagen und meine karten aus dem kopf
aufzeichnen. diese fehlende mentale nahrung ist wirklich die schwerste pruefung auf
dieser ganzen reise! aber ich werde auch das ueberstehen - und es gibt ja genug
anderes zu erleben.
so das waren nochmal ein paar geschichten aus der kasachen-steppe vom
reiseradler D.

bishkek, 22. 08. 2001
tach auch nach berlin, kassel oder sonstwohin!
wie ihr schon am betreff gemerkt habt, bin ich jetzt in kirgistan und zwar
in der hauptstadt bishkek. trotzdem nur eine woche vergangen ist seit meiner
letzten mail, gibt es wiederunendlich viel zu erzaehlen!
kurz die fakten: in 5 gemuetlichen tagen bin ich die 450 km von taraz nach
bishkek abgeradelt. aber nicht in gerader linie, wie ihr vielleicht in eurer
unkenntnis meines wahrhaftigen bikewahnsinns vermutet habt! stattdessen habe
ich noch einen schlenker nach norden eingebaut, da ich doch mal RICHTIGE
wueste sehen wollte, d. h. sandduenen, die bis zum horizont reichen und nicht wie
bisher gelegentlich ein sandduenlein und sonst immer eine, wenn auch z. t.
marginale, vegetation. leiderwarauch dieser schlenker in der hinsicht nicht
erfolgreich. es wurde nur wieder heisser und die bevoelkerungsdicht geringer.
vor zwei tagen bin ich dann von kasachstan nach kirgistan eingereist und ...
surprise, surprise, es war supereasy. die kasachischen grenzposten waren sehr
nett und haben blitzschnell ein stempelchen in meinen pass gedrueckt, gefragt
wie meine reise weitergeht, mir glueck gewuenscht und ab ging's. kirgistan
war dann noch unproblematischer, obwohl mein kirgisisches visum ja erst ab
heute gueltig istund ich eigentlich illegal eingereist bin! ich musste meinen
pass nur aus dertasche ziehen und sagen, dass ich mit dem rad unterwegs bin und
schon wurde ich durchgewunken.
hinter der grenze, als ich auf einer herrlichen allee mit blick auf eine
fast 5.000 m hohe bergkette gen bishkek radelte, begannen meine probleme. ca.
500 m hinter der grenze gab es einen weiteren polizeiposten, der nach dem
willkuerprinzip einzelne verkehrsteilnehmer heranwinkte, um diese dann zu
schikanieren. leider hatmein reisepass unter den taeglich rund 10 l schweiss doch ein
wenig gelitten und erinnert jetzt ein wenig an einen labbrigen lappen. so
hatte die militzia gleich was gefunden, um mich zu belaestigen. nach einigem
hin und her und der drohung, mich nach kasachstan zurueckzuschicken, konnten
wir uns aufeine kleinere geldsumme einigen und ich durfte in kirgistan
verbleiben. doch damit waren die probleme nicht vorbei. als ich heute meine
ueberquerung der kirgisisch-chinesischen grenze organisiert habe (am 13. 09. 2001,
preis fuer die grenzquerung ist laecherliche summe von $ 350,-- plus eventueller
bestechungsgelder an der grenze und kleinere geschenke, wie "western
candybars" und zigaretten fuer die ach so ehrlichen unbestechlichen grenzer) teilte
mir die reiseagentur mit, dass mein einreisestempel fehlt. die uebertriebene
freundlichkeit an der grenze hat sich nun also ins gegenteil gewendet.
vielleicht muss ich nun morgen versuchen, beim kirgisischen aussenministerium
diesen stempel zu bekommen. bei der agentur konnte ich mit viel ueberredungskunst
ein paar zugestaendnisse herausschlagen. sollte also z. b. der grenzpass
wegen starken schneefalls gesperrt sein, wird die agentur an einem der naechsten
tage versuchen, mich wieder nach china zu schleusen. ihr seht diese
passquerung, die noch viel komplexer ist, als ich hier schildern kann, wird noch mal
ein abenteuer. (olli und britta duerften ein bitteres lied davon singen
koennen.)
dafuer leigt in den kommenden wochen ein trip durch eine unglaublich schoen
eberglandschaft vor mir ueber ein paar 3.000m+-paesse an gebirgsseen und
gletschern vorbei mit abenden zusammen mit kirgisischen hirten.
die letzten tage in kasachstan strotzten wieder von ueberquellender
kasachischer freundlichkeit. staendig wurde ich gefragt, wohin ich fahre und woher
ich komme, so dass ich am ende eine art allergische reaktion auf diese fragen
entwickelt habe. wieder gab es einladungen, u. a. ueber nacht zu einer
russischen familie, bei derich eine himbeermarinade gegessen habe, die einfach
unerhoert lecker war. in dieser familie habe ich auch gemerkt, dass der ethnienmix
in kasachstan (ca. 55% kasachen, 35% russen + zig andere minderheiten) nicht
so unkompliziert funktioniert, wie es oberflaechlich erscheint. offenbar
gibt es eine menge unterschwelliger ressentiments unter den verschiedenen
ethnien und es ist nur zu hoffen, dass es nicht mal zur explosion kommt und zu
"rassenunruhen", wie sie sonst alle anderen exsovietischen zentralasiatischen
republiken schon erlebt haben.
bishkek ist uebrigens eine angenehm relaxte stadt, wo es sich gut essen
laesst, die athmosphaere nett ist und man immer mal wieder einen blick auf die
vergletscherten bergriesen werfen kann. es gibt hier unheimlich viele
trekkingtouristen! ich teile z. b. den raum mit einem neuseelaendischen bergsteiger,
der gerade auf dem hoechsten berg kasachstans, dem khan tengri (7.010 m) war.
so die anechsten news gibt es erst wieder aus china, so um den 15. 09. rum.
dann werdet ihr erfahren, wie schoen es wirklich in kirgistan ist. wie es
sich so bei - 10 grad celsius im zelt schlaeft und was ich so am torugart pass
erlebt habe.
es gruesst der D.

Bishkek, 27. 08. 2001
hallo liebe lesefreunde!
da bin ich nochmal, obwohl ich doch schon weit weg sein sollte.
das passproblem hat sich leider doch weiter ausgeweitet. allerdings ist das
problem nicht, dass der pass aussieht wie frisch aus der waschmaschine
gezogen und dass mein passfoto stark verwaschen ist, sondern die OVIR-behoerde ist
der meinung, dass ich meinen einreisestempel ausgewaschen habe, um noch
einmal einreisen zu koennen. eine wirklich verrueckte idee, kann man doch an hand
der anderen visastempel meine reise durch die ex-sovjetunion problemlos
verfolgen. wie aber lautet die loesung fuer mein problem? ich musste eine
visakopie beim aussenministerium beantragen. diese kopie kostet mich $5,-- und soll
heute fertig sein. (hier seht ihr den eigentlichen grund fuer die
visaprobleme: to cash money!) verueckter weise braucht man diesen von mir angeblich
ausgewaschenen stempel eigentlich ueberhaupt nicht und die grenzbeamten sind
angewiesen, nicht darauf zu achten, ob man diesen stempel hat oder nicht. mit
einer ausnahme; will man ueber den torugart-pass nach china einreisen, so ist
dieser stempel unbedingt notwendig!
die so "freigewordene" zeit habe ich perfekt genutzt: uebers wochenende bin
ich mit dem rad in eines der zahlreichen flusstaeler (das alamedin-tal)
hinaufgebikt, die das kyrgiz-alatau-gebirge entwaessern. und es war eines der
absoluten highlights dieser tour. in ca. 1.800 m hoehe war die strasse (bzw. die
piste) zu ende und ich habe mein rad noch ein stueck weiter geschoben und
dann gezeltet. das panorama talaufwaerts war wahnsinn: in der mitte stroemte der
fluss schaeumend bergab, waehrend links und rechts bergriesen aufragten.
desto weiter ich dann auf wanderungen in das tal vorgedrungen bin, desto hoeher
wurden die berge und ich hatte ausblicke auf die gletscher, die den fluss
speisen. gelegentlich musste ich auf diesen wanderungen baeche queren, d. h. z.
t. durchwaten oder einmal auch auf einer glitschigen bruecke (habe ich auf
den knien gemacht, ansonsten wuerde ich wohl diese zeilen nicht schreiben
koennen!). am sonntag ist das wetter dann sehr schlecht geworden und gegen mittag
war ich in den wolken. abends verzog sich dann das regengebiet und ich hatte
wieder ausblick aif die bergriesen, die frisch verschneit waren. meine zeit
dort habe ich natuerlich nicht alleine verbracht. hirten in ihren yurten haben
mich zu tee und brot, frisch "zentrifugierter" schlagsahne und brot und zu
kumys (vergorener kuhmilch) eingeladen und ich habe so manchen einblick in das
harte leben der menschen dort oben gehabt, wo es keinen komfort wie strom
oder fliessend wasser (ausser vom bach - schmelzwasser vom gletscher - habe ich
auch immer getrunken) gibt. ich war beim melken dabei, bei der produktion
von schlagsahne und milch und beim viehauf- und abtrieb. und natuerlich habe
ich in einer yurte gesessen, waehrend draussen der regen niederstroemte.
mal was anderes! hatte ich ueberhaupt schon einmal von den basaren
berichtet? ich fuerchte nein. dabei sind sie wirklich ein absolutes highlight meiner
reise. ich kenne zwar auch die quirrligen maerkte in italien und der tuerkei,
doch sie sind nicht zu vergleichen mit den basaren! angefangen aht allles mit
dem "schwarzen markt" in stavropol. ueberall in den geschaeften in russland
war die auswahl eher schmal: brot, konservendosen, wodka (natuerlich!) zig
verschiedenetotal vertrocknete kekse u. ae.. auf dem "schwarzen markt" gab es
dann wirklich alles zu erwerben, auch meine geliebten westprodukte. dasselbe
dann auf den basaren turkistans, shymkents und dem osh-bazar hier in bishkek:
es tuermt sich das obst und gemuese (im moment besonders melonen, himbeeren,
schwarze johannisbeeren, ...) dazu kann man tee, kaffee, suesswaren erwerben,
brot in zig verschiedenen ausfuehrungen (das hiesige brot 'nan' schmeckt
frisch so wie leckerer pizzateig!). es gibt verschiedenste nudelarten, die aus
riesigen saecken per kg verkauft werden. aus ebensolchen saecken werden
verschieden mehl- oder reissorten, salz und zucker verkauft. dann gibt es die
gewuerzhaendler, die aus kleinen saeckchen eine unerhoerte variation von gewuerzen
verkaufen, die einen faszinierend fremdartigen duft um sich verbreiten. dann
natuerlich milchprodukte: frisch gemolkene milch, kumys, smetana, butter,
salziger kaese. natuerlich gibt es auch fleischprodukte, die hier lustig in 30
- 40 grad celsius herumliegen. dann kann man frische salate erwerben, alle
irgendwie mit essig angemacht (ich habe bisher einen nudelsalat mit
verschiedenen gemuesen, pilzsalat und eine art kuttelsalat getestet - delizioes!) ueber
allem liegt ein gewisser holzfeuergeruch von den zahlreichen
schaschlik-staenden. zwischen den staenden eilen alte frauen oder kinder umher, die
"piroschki,piroschki!" verkaufen. am boden hocken frauen mit maechtigen toepfen vor
sich, die 'manty' enthalten, eine art maultaschen. dann gibt es an zig
verschieden staenden verschiedenst gefuellte blaerterteigtaschen und andere
"taschen"zu erwerben. natuerlich kann man sich auf diesen basaren auch vollstaendig
einkleiden. saemtliche ersatzteile fuer sein fahrrad oder auto, angelzeug oder
eine neue werkzeugaussattung erwerben. vor dem basar schliesslich herrscht
ein unerhoertes verkehrschaos. taxis, marshroutnoe-taxis, private pkws und
busse sind in ein scheinbar unentwirrbares verkehrsknaeuel verknoten und ein
ohrenbetaeubendes hupkonzert erfuellt die luft. tja das sind einige meiner
eindruecke von den basaren. eigentlich ist es aber so eine unglaubliche
eindrucksfuelle, das ich gar nicht alles niederschreiben kann (ich hoffe, ich habe
dafuer ein paar schoene fotos gemacht.)
und das beste habe ich fast vergessen: die staende mit den getrockneten
fruechten und nuessen. hier habe ich getrocknete aprikosen gegessen - so suess -
wahnsinn! natuerlich bekommt man ueberall immer was angeboten, um ja zu
kaufen. ...
mal schauen wie mich die fahrt durch die berge nach china mit eindruecken
ueberflueten wird. ich melde mich wieder aus kashgar. David

karakol, 01. 09. 2001
hallo liebe lehnstuhlreisende (okay nicht alle)!
da ich meine reiseroute hier durch kirgistan zum zigsten mal geaendert habe,
kommt ihr noch einmal in den genuss (oder ist es etwa keiner?) eines kurzen
reiseberichts.
nachdem ich ja bisher immer auf moegliche defkte am rad geschielt habe, die
es dann aber nie gegeben hat, trifft mich der defektteufel jetzt von einer
ganz anderen seite. vor 2 tagen ist meine zweite zeltstange gebrochen und ich
habe sie mit speichen und gewebeklebeband reparieren muessen, da meine
reparaturhuelse schon fuer den ersten bruch in russland gebraucht wurde. hier in
karakol versuche ich bei einem outdoortrip-anbieter (yak-tours) ein paar
reparaturhuelsen zu bekommen, falls es weitere brueche gibt. und jetzt brauche ich
das zelt unbedingt, da menschliche siedlungen auf den naechsten min. 2.000 km
eher mangelware sein werden, klimatische extrembedingungen dagegen ohne ende
auf mich zukommen. da ich hier aber erstens in asien und zweitens in der
ehemaligen sowjetunion bin und man dort jeweils meister im improvisieren ist,
hoffe ich, dass yak-tours mir helfen kann.
zu meiner route der letzten tage ist zu sagen, dass ich jetzt an einer
meiner "prime-destinations" dieser tour angekommen bin, dem Issykul-See. ich hatte
eine etwas romantisch verklerte vorstellung von diesem see: eine riesige
wasserflaeche umringt von schneebedeckten bergen. beides trifft zu, aber die
berge, immerhin 4-5.000er scheinen ein wenig mickrig im verhaeltnis zu dem
riesigen see.
die letzten tage boten dann auch endlich mal wieder die moeglichkeit zu
baden: in einem fluss mit herrlich klarem wasser aber leichtem faekalgeruch
inmitten einer wahnsinnig eindrucksvollen landschaft: hohe berge, z. t.
schneebedeckt, canyons und wild erodierte niedrigere berge. vegetation gab es fast nur
in dem flusstal! das zweite mal war ich im issykul baden. ganz schon warm und
das alles in 1.600 m hoehe. bei diesem zweiten bad hatte ich eine etwas
eigenartige begegnung mit einem kirgisen und dessen sohn. mal wieder eingeladen
(zu geraeuchertem speck, der nur aus fett bestand, herrlich schmeckte und noch
stundenlang in mir fahrstuhl fuhr) hat mir der kirgisische "biznizman" dann,
wenn ich ihn richtig verstanden habe, irgendwann angeboten, ein geschaeft
mit ihm zu eroeffnen (oder mein vater mit ihm - ebenfalls ein reicher
geschaeftsmann, wie dem kirgisen sofort klarwurde, als ich berichtete, dass mein vater
einen neueren audi fuehre.). dem kirgiosen schwebte wohl ein auto-import aus
deutschland vor. wir sind zunaechst bei einem adressenaustausch verbleiben.
vom nationalfeiertag (31. 08.), der spannende pferdespiele zeigen soll, habe
ich leider nichts mitbekommen, obwohl die menschen gestern alle sehr
festlich gekleidet waren. die maenner hatten fast alle eigenartig hohe huete auf,
von denen man eigentlich denkt, dass sie nur fuer touristen gefertigt werden.
noch kurz ein wort zu all denen, die mir nahegelegt haben, doch ein buch
ueber diese reise zu schreiben. ich fuerchte, naechstes jahr wird es eine wahre
flut von reiseberichten "mit dem rad durch zentralasien" geben. innerhalb des
letzten monats sind ungefaehr auf meiner route durch sued-kasachstan und
kirgistan eine achtkoepfige deutsche reisegruppe, ein franzoesisches und ein
belgisches paerchen, ein belgier und ein italiener gefahren. den einen oder
anderen werde ich vielleicht noch "holen". hier in kirgistan habe ich auch schon
zwei radfahrer, einen tschechen und einen belgier, getroffen und ein
kirgisischer radreisefuehrer, alek, hat mir bike- und unterkunftstips gegeben.
so kurz und knapp die letzten news. neues dann aus china.
es gruesst der D., David, der filialleiter oder wer auch immer

Karakol, 06.09.01                                                                                                                                           hallo ihr lieben!
diese mail strotzt nur so von selbstmitleid: mich hat zweimal der absolute reise-supergau getroffen.
vor vier tagen wurden mir meine beiden reisepaesse gestohlen, vorgestern
mein fahrrad mit dem groessten teil meines gepaecks. die reisepaesse hat die
polizei binnen 24 h wiedergefunden, das rad, so sagt sie, findet sie auch in den
naechsten zwei tagen. da mir die polizei gerade im wahrsten sinne des wortes
im nacken sitzt, kann ich euch nur diese kurzen infos geben. die ganzen
begebenheiten werde ich euch spaeter schildern.
da ich eine unerhoert nette reisegruppe aus dresden (geographiestudenten auf
exkursion) getroffen habe, bin ich in der lage diese reise auch ohne rad in
indien zu ende zu bringen.
aber wer mich kennt, weiss wie mir zumute ist ... das erster mal seid ewiger
zeit habe ich mich mal wieder in den schlaf geheult. aber die moral ist
wieder da und ich mache weiter!!!
bei alle dem bleibe ich dabei: kirgistan ist das schoenste land, in dem ich
jemals gewesen bin und die menschen hier sind einfach unglaublich hilfsbereit
und freundlich. ich wohne beim polizeichef von Kysel-Suu und ca. 100
polizisten des ganzen distrikts sind auf der suche nach meinem bike. noch nie war es
so wichtig, dass ihr daumen drueckt: macht es einfach ohne ende.
es gruesst der mega-pechvogel David
P. S. anbei dennoch noch ein foto aus der tuerkei, von der tour.

kashgar, 14. 09. 2001
hallo nach hause!
die welt ist aus den angeln und ich bin in china gelandet!
hier sind natuerlich auch alle (inkl. meiner selbst) von diesem
terroranschlag auf die staaten betroffen. das katapultiert den terrorismus in eine neue dimension!!!
und wir reisenden hier in zentralasien sind von den geschehnissen
tatsaechlich auch direkt betroffen. der dollarkurs faellt. es gibt geruechte ueber
grenzschliessungen zu apkistan, weil pakistan moeglicherweise in den
terroranschlag involviert ist ... und bei eventuellen luftschlaegen auf afghanistan oder
pakistan sind wir hier in kashgar oder auf dem karakorum-highway nach
pakistan auch verdammt nahe dran am geschehen.
doch nun zu den positiva: ich bin in china!!! ich habe vorher selbst kaum
daran geglaubt, dass ich es schaffen wuerde. und ich bin auf dem rad
hergekommen!!! ein zigfaches hoch auf die kirgisische polizei!!!
lasst mich in duerren worten berichten, was in den letzten 2 wochen seit
meiner letzten "story" aus karakol passiert ist.
ich bin aus karakol abgerollt an der suedkueste des issykul-sees entlang. in
kysel-suu hat dann das schicksal in form meiner eigenen bloedheit das erste
mal zugeschlagen. von der aussereuropaeischen und speziell der kirgisischen
freundlichkeit total eingelummert, habe ich in einem anfall von schwachsinn
entgegen meiner sonstigen super-securety-gewohnheiten meinen reisepass am rad
gelassen, waehrend ich in einem cafe essen war. als ich wieder draussen war,
war der pass dann weg. die polizei versicherte mir, dass sie den pass bis zum
naechsten morgen wiederbeschaffen wuerden und quartierte mich beim 2.
polizeichef kubulbek ein. dort wurde ich auf's herzlichste empfangen, bekocht und
bis tief in die nacht musste ich rede und antwort stehen, wie es in deutschland
so ist und auf meiner reise so war. am naechsten vormittag war ich dann beim
polizeichef zum tee eingeladen und tatsaechlich wurden mir dann waehrend
dieser seance meine reisepaesse von der kriminalpolizei praesentiert. ich habe
dann noch auf einladung des polizeichefs das kirgisische nationalgericht
besbarmak gegessen und bin dann weitergeradelt.
nach ca. 35 km sichtete ich am strand die zelte einer dresdener
geographieexkursion. die gruppe entpuppte sich als extrem sympathisch und ich konnte
nicht nein sagen, allls ich zu einer wanderung zu einem gletscher am naechsten
tag eingeladen wurde. der naechste tag wurde dann echt super. in einem
geborgten paar wanderstiefel (danke uwe!!!) sind wir dann fast bis zum gletscher
vorgestossen, durch eine grandiose landschaft wandernd, baeche querend oder auf
einer art "handseilbahn" ueberquerend. es folgte wieder ein lustiger abend am
lagerfeuer und ein boeses erwachen: als ich morgens aus dem zelt schaute, war
mein angeschlossenes bike, zusammen mit einem grossteil des gepaecks
gestohlen. die dolmetscherin der dredener gruppe, asiel (richtig umgeschrieben?) und
die fahrer der gruppe waren sofort superr engagiert, begannen in der gegend
zu suchen, waehrend gleichzeitig die vielleicht groesste polizeiaktion aller
zeiten in diesem distrikt anlief. die kriminalpolizei war natuerlich nicht
gerade beglueckt, wieder mich als bestohlenen zu sehen, aber zu meiner
verteidigung muss ich sagen, dass dieser diebstahl wirklich oberdreist war: ein
angeschlossenes rund 60 kg schweres rad aus einem zeltlager zu klauen, in dem auch
nachts permanenter (scheiss-)betrieb war, ist schon fast eine leistung. die
dresdener bestaerkten mich dann in der idee auch ohne rad weiterzufahren,
statteten ich mit neuen dia-filmen, medikamenten und zwei "expeditions-t-shirts"
sowie neuer moral (danke besonders kuschel und thomas) aus. von uwe (schon
wieder!) habe ich dann noch ein buch geborgt bekommen, christoph half mit
einem lonely-planet-fuehrer aus. als die gruppe dann am freitag abgefahren ist,
fuehlte ich mich dann aber doch sehr alleingelassen. wieder wurde ich bei
kubulbek untergebracht. aus karakol wurde ein verwandter als dolmetscher
herbeigekarrt (thanks ernis - go for canada). wieder wurde ich bekocht, in eine heise
quelle mit heilender (nervenheilender!!) wirkung in fantastischer landschaft
in den bergen eingeladen und ... nach drei tagen war mein rad wieder da!
nach ewigem papierkram stand dann die abfahrt an. vorher wurde mir aber
nahegelegt, ich sollte mich bei der kerngruppe der kripo, die mein rad
"wiedergefunden" hatte, irgendwie erkenntlich zeigen. ich lud also die gruppe (5 mann)
+ kukulbek + ernis zum essen ein. zu acht (!!! und es war polizei!!!) fuhren
wir in einem lada ins cafe. nach dem essen herrschte dann ein wenig peinliche
ruhe, ehe einer der polizisten mit einem geschenk fuer mich auftauchte!!!
ich erhielt einen traditionellen kirgisischen hut. die spinnen echt die
kirgisen - erst mache ich ihnen extrem viele arbeit und dann schenken sie mir was!
jetzt stand allerdings der naechste hammer an: ich musste in 5 tagen zum
torugart-pass hochfahren an die chinesisch-kirgisische grenze: 550 km, 6 paesse,
4 davon ueber 3.000m. in herrlichstem wetter bin ich losgerast. je weiter
ich in die berge kam, desto schlechter wurde das wetter: gewitter (extrem
gruselig in tief eingeschnittenen taelern), stuermische winde und schnee in den
hoehenlagen. dennoch ist mir der trip irgendwie gelungen. die landschaft wurde
immer grandioser, desto hoeher ich kam. karge hochlandsteppen, von zackigen
schneebekroenten bergen umgeben, bizarr erodierte felsen, duenen und
hochland"cowboys" ueberall. am torugart traf ich dann ein belgisches paerchen,
ebenfalls mit dem rad auf dem weg nach china. in eisigen hoehen, in duenner luft
haben wir dann gecampt, um am naechsten tag das abenteuer torugart-crossing auf
uns zu nehmen. waehrend die beiden einen transport vom kirgisischen
grenzposten ueber 7 km zur grenze organisiert hatten ($ 25,--/person) hatte ich keinen
solchen und wurde dank der ueberredungskunst einiger zigaretten mit einem
schrott-transportierenden lkw zur grenze gefahren (und mutierte damit zur
fotografiernswerten touriattraktion). mein transport (ein vw santana) raste dann
mit mir zu tal durch eine fantasatische karge hochgebirgslandschaft, durch die
heftige staubstuerme fegten. china scheint mir schon jetzt ein grandioses
reiseziel zu sein.
ICH HABE ES BIS HIERHER GESCHAFFT!!!
mal sehen, wie es weitergeht. pakistan scheint tabu. hier im internet-cafe
wurde sogar schon vom einsatz einer atombombe gemunkelt. vielleicht geht es
wirklich durch tibet weiter oder nach peking.
es gruesst David

Hotian, 21. 09. 2001
hallo hinaus in die weite welt!
zum x-ten mal haben sich meine reiseplaene geaendert. nachdem mir mit dem moeglichen krieg der USA mit Afghanistan und der damit verbundenen grenzschliessung pakistans derv weg ueber den karakorum-highway verbaut war, habe ich mich entschieden ueber den Xinjiang-Tibet-highway nach tibet zu fahren. schon auf dem weg habe ich erfahren, dass reisen durch Tibet zwar durchaus noch moeglich waere, aber die ausreise nach Indien oder Nepal nicht mehr moeglich sein wuerde, da die ausfallpaesse (4.800 - 5.200 m) ende september verschneien. ein typischer fall von schlechter reiseplanung wuerde ich sagen. also habe ich mich schweren herzens entschlossen meinem eigentlichen reiseziel Tibet erstmal ade zu sagen und stattdessen nach Beijing zu fahren (ca. 5.000 km). ein bischen nachdenken brachte dann aber zu tage, dass auch dies innerhalb meiner visumlaufzeit, vor dem winter und in anbetracht meiner extrem strapazierten reisekasse schwer moeglich sein wuerde. hinzu kommt, dass ich ueberhaupt kein chinesisch spreche, nur einen chinesischen strassenatlas habe (kuerzlich guenstig erworben.) und keinerlei irgendwie geartteten fuehrer. d. h. ich koennte100 km an dem schoensten naturschauspiel oder der faszinierendsten kulturstaette vorbeifahren, ohne es zu wissen. daher habe ich mir in den ewigen stunden, die ich hier im sueden der Taklamakan-wueste durch die sand- und geroellwueste fahre, einen neuen plan zurechtgelegt: ich werde weiter dem suedrand der Taklamakan folgen, bis Roquian am suedostrand der wueste. von dort aus werde ich die wueste queren (ist nicht so tragisch, es gibt ein paar orte) und zur oase Turpan fahren (eine unglaublich exotisch klingende destination, findet ihr nicht?) von Turpan aus duese ich dann nach Urumqui, wo ich ein kasachisches visum beantragen werde. das soll eine woche dauern. erhalte ich nur ein transitvisum, werde ich in 72 h von China nach Kirgistan rasen. (ca. 550 km, z. T. per bike, die letzten 220 km per bus, damit ich ohne gueltiges kirgisisches visum nach Kirgistan einreisen kann.) von Bishkek (oder von Almaty, sollte ich ein kasachisches tourismusvisum erhalten) werde ich dann zurueck ins "gelobte" deutschland fliegen. ihr seht ein etwas haarstraeubender plan, der eigentlich schiefgehen sollte. a propos schiefgehen: ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass mich, seit ich in Kirgistan eingereist bin, eine mittelgrosse pechstraehne verfolgt: visaschwierigkeiten, dann mit sicherem gespuer die teuerste torugart-querung ausgewaehlt, bruch 2. zeltstange, pass gestohlen, fahrrad gestohlen, flugzeuge fliegen ins pentagon und ins wt-center -> karakorum-highway wird geschlossen, schnee auf den tibetischen ausfallpaessen (ok, haette ich vorher besser recherchieren muessen!), bruch 3. u. 4. zeltstange (letzter bruch war so kompliziert, dass ich nicht mehr reparieren konnte -> mein zelt hat jetzt nur noch einen bogen und aehnelt einem groesseren biwaksack.), was kommt jetzt???
zeit mal ein paar worte ueber die letzten tag zu verlieren: am montag bin ich aus Kashgar nach suedosten entlang des suedrandes der Taklamakan-wueste aufgebrochen. davor lag noch der legendaere "sunday-market" von Kashgar. neben unzaehligen foodstalls gab es dort wirklich unfassbares zu sehen (wobei die foodstalls auch nicht schlecht waren: mein favorit waren riesigen toepfe auf dem "hinterteil' einer fahrradrikscha, die mit einem undefinierbaren gewirr aus fett, innereien und undefinierbarem gefuellt waren. neben blutwurst gibt es jetzt noch etwas, was ich nie essen moechte. - aber mal probieren? nr. 2 waren die pfannen, die mit gesottenen schafskoepfen gefuellt waren, jeweils zu einer haelfte zum leckeren abknabbern erhaeltlich.) insgesamt der knueller war sicherlich der viehmarkt: auf engstem raum draengten sich hunderte schafe, ziegen, rinder, pferde und esel, dazu unzaehlige menschen (und touristen, wenn man die zu den menschen zaehlen darf und sie nicht zu der gattung der "gaffer" gehoeren.) und traktoren. gelegentlich wurde mal eben ein schaf abgestochen (d. h. die kehle durchgeschlitzt -> freut euch, ich habe fotos!) und gehaeutet und dann an den benachbarten fodstalls gleich an die hungrige menschenmenge verfuettert. natuerlich gab es auch schafe zu sehen, die gerade geschoren wurden, alte pferde mit eitrigen wunden, rinder die vom anhaenger gestossen wurden. - aber jetzt soll bitte keiner sagen "tierquaelerei", denn diese tiere werden normalerweise 1.000fach artgerechter gehalten als in Deutschland (keine enggepresste rinderhaltung mit dunggitter oder aehnliches) weiden auf wiesen oder aehnlichem (kein BSE-tiermehl!!!). natuerlich gab es auch obst, klamotten, teppiche, fahrradteile (auch chin. grip-shift!!! und 8-fach-daumenschalter!!!) und weiss der teufel was noch zu kaufen (hatte ich die uyghurischen messer mit den eingelegten griffen erwaehnt und die unzaehligen verschieden huete, muetzen, ...?). nach einigen stunden herumstreifen, war ich auf jeden fall fix und fertig und an eindruecken uebersaettigt.
tja und dann ging's los auf dem rad. die meiste zeit geht es durch die wueste (sand oder geroell). gelegentlich durchfahre ich eine oase, wo ich dann nach moeglichkeit die nacht verbringe (letzte nacht habe ich da einen sandsturm "abgeritten". ich habe nur den wind um mein "zelt" heulen gehoert und am naechsten morgen war alles mit einer duennen sandschicht bedeckt. - was ist da  erst in der wueste abgegangen?)
wie immer kann ich nicht alle meine eindruecke schildern, doch von einem will ich noch berichten: dem verkehr. dazu gilt es erstmal, die am verkehr teilnehmenden vehikel aufzuzaehlen: fussgaenger, fahrraeder (+ lastenraeder, + fahrradrikschas), motorraeder (+lastenmotorraeder (mein favorit: ein mit unzaehligebn huehnern beladenes motorrad), motorradrikschas), lkws, autos (unerhoert viele taxis!!!), busse (kurzstrecken-, langstrecken- und schlafbusse) und natuerlich unzaehlige gespanne (esel-, pferde-, ochsen- und ... kamelgespanne). und wie funktioniert der verkehr? - es gibt nur eine verkehrsregel: das gesetz des staerkeren. und um das durchzusetzen gibt es hier die lautesten hupen der welt, die jeder inflationaer einsetzt, um sich den weg freizumachen. und der verkehr funktioniert: hupt ein bus oder ein lkw stiebt alles zur seite (ausser meiner wenigkeit) und der in der geschwindigkeit nicht einen deut abbremsende lkw oder bus rast weiter. bisher habe ich noch keinen unfall gesehen!!
soviel erstmal aus China, es gruesst der D.

Korla, 07.10. 2001
hallo liebe ohrensesselreisende! zuerst muss ich offenbar nochmal klipp und klar sagen, dass ich wieder auf meinem rad unterwegs bin. die polizei von kysel suu hat es wieder
aufgetrieben. (so muss man wohl sagen, denn nach intensiven polizeilichen drohgebaerden, stand es nach 3 tagen wieder dort, wo es gestohlen worden war.) so, nachdem das abgeklaert ist, sollte ich mal ein wenig von den letzten 3 wochen berichten. kurz gesagt: ich bin durch die Taklamakan-wueste gefahren.
durch die wueste? werdet ihr sagen. nein nicht ganz, sondern am suedlichen rand entlang und dann am Tarim-fluss nach norden. nun ist diese bezeichnung "am suedlichen rand" nur eine rein geographische spezifizierung. ihr muesst euch die landschaft hier wie eine gigantische kasserolle vorstellen: der boden ist das Tarim-becken auf dem die duenen der Taklamakan-wueste von starken ost-
und westwinden hin- und hergeweht werden, so wie dei bratensosse in der kasserolle hin- und herschwappt. der rand der kasserolle entspricht den drei auf ueber 7.000 m ansteigenden gebirgszuegen, die das Tarim-becken umgeben: im sueden das Kunlun Shan, im westen der Pamir und im Norden das Tien Shan. und in dem knick, wo der rand der kasserolle auf den boden trifft, verlaeuft die
strasse. die wueste endet aber nicht am kasserollenrand sondern auch die berge sind "bergwueste". vegetation ist hier ausser in oasen absolute mangelware. jetzt sollte man denken: welch grandiose strasse. im sueden sind man immer gigentische bergriesen und im norden ein unendliches duenenmeer. dem ist nicht so. ich konnte in der regel ein bis zwei km in jede richtung schauen und habe
nur plattes vegetationsloses land gesehen. ein weiterer blick wurde mir von dem ewigen staubdunst verwehrt, der immer in der luft gehangen hat. ihr koennt euch sicher schon denken, was das groesste problem auf dieser strasse war: WASSER!!! zwar gab es insbesondere im westen recht haeufig oasen,
die wurden aber immer seltener richtung osten und lagen schliesslich rund 150 km auseinander. das istr natuerlich auch kein so grosses problem, wenn man auf einer guten asphaltstrasse ordentlich km machen kann. noch dazu, wenn die temperaturen bei angenehmen 25 - 30 grad celsius liegen. und das war der
knackpunkt: gut 850 km oestlich von Kashgar wurde aus der perfekten asphalttrasse eine piste. zunaechst eine sehr gute, die dann aber immer schlechter wurde. nach einem asphaltintermezzo wurde dann die piste so weich, dass ich immer wieder schieben musste und mich auch sonst nur sehr langsam fortbewegte - und das alles mit dem druck im nacken, dass ich taeglich min. 100 km schaffen
musste, damit meine wasservorraete reichen. irgendwo wurde dann die piste so von sandduenen und einem wadi in die zange genommen, dass es sich "ausgepistet" hatte. und dann ist auch noch mein ortlieb-wassersack geplatzt und ausgelaufen!!!
um es kurz zu machen: irgendwie habe ich es geschafft. aber es war eine dieser strecken, die ich niemandem empfehlen wuerde, auch zu fahren. sollte jemand dennoch lust bekommen haben, so sage ich ihm voraus, dass das wort "scheisse" das meistgebrauchte fuer einige tage wird und dass er den tag verfluchen wird, an dem er radfahren gelernt hat, diese reise geplant hat und diese route
eingeschlagen hat. dennoch ist es natuerlich ein irgendwie faszinierender trip gewesen:
sandduenenmeere, sandstuerme, kamelkaravanen, ... und dann diese absolute stille, wenn man da draussen campt!  und nachdem Ruoqiang an der suedostecke der Taklamakan nach 1.500 km
erreicht war, dachte ich das schlimmste laege hinter mir, denn ich habe mich nach norden gewandt, entlang des Tarim-flusses. tatsaechlich folgten noch weitere 250 km piste. die letzten 15 km hatten es noch einmal besonders in sich: die piste war extrem ausgefahren und mit einer zentimeterdicken staubschicht bedeckt, die in schlagloechern (besser schlaggruben) auch mal 30 cm hoch war. da
habe ich mich noch 2 x hingepackt, weil ich diese schlagloecher absolut nicht einschaetzen konnte. so dreckig wie an diesem tag war ich auf der ganzen reise noch nicht.
lasst mich eben noch ein paar worte ueber die menschen hier verlieren. sobald ich halte bin ich sofort von menschenhorden umringt (ohne witz 50 mann sind nicht selten). die starren, diskutieren ueber mein rad, betatschen es ganz ungeniert - aber nehmen fast nie eine gespraech auf mit dem fahrer, was ich
seltsam finde. und wenn werde ich fuer einen amerikaner gehalten. in vorbeifahrenden bussen quetschen sich die insassen die gesichter platt. mopeds umringen einen fuer kilometer um mal einen guten blick auf mich von vorn von hinten und von der seite zu haben.
den hoehepunkt habe ich allerdings auf meinen letzten steppenkilometern erlebt (und intensiv an euch gedacht A und Z). weider aml kam mir ein hupender jeep entgegen. kurz darauf taucht ein ganz aehnlich aussehender jeep neben mir auf und blockiert die einzige spur, die fenster werden runtergelassen und ich
angestarrt. in einem waghalsigen manoever setze ich mich vor den jeep, der mich bei der naechsten gelegenheit in einer riesigen staubwolke ueberholt. die bin ich los, denke ich. doch als der staub sich senkt, sehe ich den jeep vor mir auf der strasse stehen und seine insassen quellen heraus. einer steht
mitten auf der strasse und zielt auf mich ... mit seiner videokamera, waehrend seine mitfahrer ihre fotoapparate zuecken. ich bin ziemlich schlecht gelaunt und mache ein fass auf, will geld haben, dafuer, dass ich gefilmt werde. und tatsaechlich kramt einer der typen nach geld ... ich fahre weiter.
soviel aus Korla neueste news dann aus Turpan
David

Urumqi, 17. 10. 2001
hallo liebe reisende und daheimgebliebene erstens kommt es anders und zweitens als man denkt; und so werde ich am 27 10. 2001 gegen 16:00 uhr mit Kyrgistan Airlines auf dem flughafen von Hannover, aus Bishkek kommend, einschweben. danach wrede ich wohl mit dem wochenendticket der DB weiter nach Berlin duesen. das werde ich aber noch weiter auskundschaften. tja, es ist naemlich nicht moeglich mit einer zentralasiatischen airline spater als ende oktober nach europa oder anderswohin zu fliegen, da mir ab november nicht mehr garantiert werden kann, dass die fluege nicht gecancelt werden. also fliege ich am 23. 10. von Urumqi nach Bishkek, hoffe, dass
ich dort nicht verhaftet werde, weil ich kein gueltiges kirgisisches visum habe und fliege vier tage spater weiter nach Hannover, da die zentralasiatischen airlines (und nur bei denen kann ich hier in Urumqi fluege buchen) Berlin nicht als anflugziel haben. was aber ist in den letzten tagen passiert? zuletzt habe ich mich ja ausKorla gemeldet, einer chinesischen retortenstadt am nordostrand der Taklamakan-wueste. von dort bin ich in vier tagen nach Turpan, dem absoluten tiefpunkt meiner reise (149 m unter NN), gebikt. dieser trip hatte wieder diesentypischen zentralasiatischen mix aus spektakulaeren momenten und ewigen todeslangweiligen passagen. es gab drei paesse zu ueberwinden, die jeder fuer sich sehr spannend waren, waehrend ich auf den ebenen zwischen diesen paessen vor langeweile auf dem rad fast eingeschlafen bin. der erste pass war spannend, weil ich zum erstenmal in diese absolut vegetationslosen fantastisch erodierten berge hineingefahren bin. - der zweitefaszinierte durch einen extremen ueberraschungsmoment; stundenlang bin ich bei leichtem gegenwind marginal berauf gefahren, von einer bergkette mit pass keine spur. ploetzlich knickte die strasse scharf nach links ab und zwei km spaeter war ich auf einer rasenden abfahrt durch ein enges felsiges tal. dann der dritte pass: wieder faszinierend erodierte felsen und bergspitzen, die in den verschiedensten farben in der sonne schillerten. ein eisiger gegenwind kam auf und nach der passhoehe raste ich ueber 2.000 hoehenmeter ins Turpan-becken hinab. zuerst durch schroffe felslandschaft mit z. t. mehrere 100 m aufragendefelswaenden zu beiden seiten der strasse und dann, als ich mich dem Turpan-becken naeherte und damit wieder der sandwueste, wurden die feslhanege niedriger und waren z. t. so vom sand zugeweht, dass es aussah, als wuerde ich ducrh eine landschaft mit mehr als 100 m hohen duenen fahren. nach den bergen wardann allerdings ende meiner fahrt. ein entsetztlicher sandsturm, in dem kaum die hand vor augen zu sehen war, zwang mich in einer winzigen oase zu campen und den sturm "abzureiten". (spaeter habe ich erfahren, dass wegen dieses
sturms der zug von Kashgar nach Urumqi fuer mehrere stunden auf offener strecke gestoppt hat.)
Turpan ... selbst ist eine total langweilige kleinstadt. bedeutend nur wegendes dort angebauten weins (der uebrigens fuer westliche gaumen kaum trinkbar ist, ok vielleicht als medizin oder so.). die trauben werden auch gerne zu sultaninen und rosinen getrocknet, die wirklich fantastisch schmecken und westlich der stadt auf einer art sultaninen-/rosinen-basar feilgeboten werden. ich liess mich trotzt des unglaublichen umstands, dass es in Turpan regnete (es regnet nie in Turpan!!!) zu einer touritour zu den umliegenden sehenswuerdigkeiten Turpans ueberreden. zu erzaehlen, wie ich zu dieser tour kam, sprengt hier den rahmen, aber es ist zu sagen, dass ich dem angelegten geld (und es war ziemlich viel!) nie nachgetrauert habe. es gab einige sehenswuerdigkeiten, die so touristisch aufgemacht waren, dass mir fast uebel wurde, aber es gab zwei drei momente, die einfach unerhoer fantastisch waren: ein tal in das ein flussbett tief eingeschnitten, von gruenen baeumen umkraenzt und von riesigen roten (!) duenen und schroffen roten felswaenden umgeben war. ein zweites tal, ebenfalls gruen inmitten schroff aufragender felswaende und eine 2.000 jahre alte stadt, die auf einer "insel" rund 100 m ueber zwei fluessen gelegen war. weiter ging's in zwei tagen nach Urumqi wieder durch schroffe kahle gebirgslandschaften bis zu einem augenblick, der sich tief in mein gedaechtnis und meinen diafilm eingepraegt hat: ich bog aus dem vegetationslosen tal, in demdie strasse verlief, nach rechts ab und befand mich ploetzlich in einer ebene mit vom herbst rot und gelb gefaerbten gras, einzelnen baeumen, einem fluss und in der ferne einer beeindruckenden gebirgskulisse mit schneebedeckten 5.000er -gipfeln. dort habe ich auch in ungefaehr 2.000 m hoehe nur im schlafsack gecampt ... und nachts fror es bitter: cih war am naechsten morgen reifueberzogen und das wasser in meine flaschen gefroren. aber was fuer ein morgen: die sonne aufgehen zu sehen, wie sie die schneegipfel in orange taucht ...boah!!!
Urumqi selbst ist wie ein Shanghai mitten in der zentralasiatischen wueste. hochhaus an hochhaus, banken und in der ferne, natuerlich, schneebedeckte gipfel.wenn ich so revue passieren lasse, was ich fuer orte auf dieser reise gesehen habe, so gibt ers eigentlich fast nichts, was ich nicht gesehen habe. kleinste ansiedlungen ohne wasser, mit ziehbrunnen, winzige oasen, aermlichekasachensiedlungen, yurtendoerfer, verlotterte ex-sovjetstaedte, quirrlig-chaotische tuerkische staedte, liebliche kirgisensiedlungen im gebirge , das relaxte Bishkek und nun eine bankenmetropole, die an Frankfurt oder eben Shanghai, Hongkong erinnert. ich sollte noch einige worte ueber das reisen in china verlieren. bevor ich
gefahren bin, habe ich haeufig gehoert, die einreise nach China waere unmoeglich und das individualreisen in China erst recht. beides ist quatsch! allerdings sollte man sich an einige regeln halten, denn es sit tatsaechlich so,dass der individualreisende von den behoerden nicht unbedingt gerne gesehen wird. die erste unbedingte regel ist: nur mit gueltigem visum zu reisen, dann sollte es keine probleme geben. allerdings sollte man sich bemuehen nur inhotels zu schlafen, die extra fuer touristen ausgewiesen sind. denn sonst kann einem zustossen, was einem franzosen aus Lyon, David, in Ruoqiang passiert ist. nachts um 12:00 uhr wurde er vom PSB (dem Public Security Bureau) aus dem schlaf gerissen, aus seinem hotel geschmissen und in mein zimmer in meinem hotel einquartiert. auch sonst ist es natuerlich moeglich, dass der PSB einem einen besuch abstattet und ewig auf ein gueltiges visum starrt, waehrend dessen besitzer fernsieht, um sich dann aeusserst freundlich zu verabschieden.
selbstverstaendlich ist es in China verboten zu zelten, aber die chinesische regierung hat es versaeumt in der wueste hotels fuer muede radfahrer zu bauen.  es gibt reisefuehrer, die sich damit ueberschlagen, einem tips zu geben, wo man am besten und billigsten isst. beiders ist in China ueberhaupt kein problem. ich habe noch kein land gesehn, in dem es soviele restaurants und "imbissbuden" auf der strasse gibt. die preise fuer ein fuellendes mahl bewegen sich dann in der regel zwischen umgerechnet DM 1,-- und DM 5,--. was aber isst man? am morgen ist die auswahl in der regel ein wenig eingeschraenkt: moeglich ist es in fett frittierte taschen mit gruenzeug-fuellung zu essen oder anderes fett gebaeck, in der regel deftig, zuweilen aber auch suess. die beliebte alternative dazu ist eine "palette" von 6 - 8 kleinen, hefekloessen, mit einer fleisch-fett-zwiebel-knoblauch-fuellung, die man in eine essig-chili-sauce dippt. was aber trinkt man dazu? es gibt eine art todeslangweilig schmeckender getreidesuppe oder geren auch milch. trinkt man sie aus den kleine ueberall zu erwerbenden plastiktiegeln - und flaeschchen, so ist sie immer gesuesst. trinkt man sie frisch aus einer schale, so erhaelt man immer einen ordentlichen loeffel voll zucker dazu. zum mittag und abends entfaltet sich dann die ganze breite der chinesischen kueche, wie ihr sie aus dem china-restaurant kennt. doch dort wird nur ein bruchteil der chinesischen kochvariationskunst serviert. hier ist die kueche unerhoert fleischlastig. viele fleischgerichte werden auch nur kalt und mit essig angemacht serviert und es kann passieren, dass man einen ganzen teller voll leber in scheiben oder aehnliche innereien-gerichte serviert bekommt. besondere spezialitaeten sind huehnerbeine (aus denen dann liebevoll bei tisch die krallen gezogen werden.) oder gesottener
schafskopf. in der regel wird natuerlich mit staebchen gegessen. eine kunst, die mir leider ganz fremd war, als ich in China angekommen bin. inzwischen klappt es ganz gut, auch wenn sich die chinesen kringlig lachen, wenn sie mich mit staebchen essen sehen. als hoechste weihe habe ich am anfang betrachtet, eine
erdnuss mit den staebchen aufzunehmen. inzwischen weiss ich schwierigeres: die oben erwaehnten hefekloesse mit staebchen zu essen ist nur etwas fuer fortgeschrittene, da selbige einfach ziemlich gross sind. keine kunst dagegen ist es, die hier ueberall ueblichen spaghettiartigen nudeln mit staebchen zu essen:
einfach ein paar nudeln irgendwie zum mund bugsieren und dann saugen: so geht's!!!
noch ein paar worte ganz allgemein zu China. zwar bin ich hier in Xinjiang, der groessten und mehrheitlich von Uyghuren bevoelkerten provinz Chinas, die um viel eigenstaendigkeit (und gelegentlich mit bomben in bussen um
selbststaendigkeit) bemueht ist. die chinesische politik der sinisierung (in "schwierige" provinzen wie Tibet und Xinjiang werden millionen von Han-chinesen "importiert", um die einheimische bevoelkerung zur minderheit im eigenen stammland zu machen.) ermoeglicht mir aber auch hier , fern den chinesischen
kernlanden, eine gewisse vorstellung von "China" zu bekommen. die chinesischen neustaedte hier sind auf dem Reissbrett geplant, mit extrem breiten strassen (mit extra fahrradspur!!). hochhaus steht neben hochhaus, verglast und verspiegelt, obwohl in der wueste doch genug platz ware niedrig zu bauen. die strassen sind
sehr sauber, staendig ist eine "stadtreinigung" von aelteren frauen mit riesigen reisigbesen damit beschaeftigt, die strassen zu fegen. riesige (leucht-)reklamen bedecken die haeuserwaende. darunter geschaeft an geschaeft,
gefuellt mit allem, was das herz begehrt. eine kommunistische ueberflussgesellschaft? die markennamen oder -zeichen erinnern verblueffend oft an amerikanische vorbilder (so gibt es CFC, eine art Nike-Sportschuhmarke, Crocodile statt Lacoste, ...). und tatsaechlich lieben die Chinesen Amerika (o-ton: Amerika is
beautiful!!!), wollen vielleicht die amerikanische "erfolgstory" mit ihrem system wiederholen. und sie haben eher das zeug dazu als die ex-sovjetunion. soviel also aus Urumqi. ich werde mich nochmal aus China melden, wenn ich
meine letzten tage hier an einem see in den bergen verbracht habe. es gruesst der D.

Urumqi, 21. 10. 2001
an alle da draussen ... ich hasse es angestarrt zu werden!!! ich bin doch kein affe im zoo! dass mir
beim marathon 10.000e ins ohr groelen ist ja schon schlimm genug, aber dieses taeglich angestarrt werden von 1.000en augen geht mir auf den nerv, ich bin doch aus keinem kuriositaeten-shop ausgebrochen! da lob' ich mir die einsamen wuesten und steppen von Kasachstan und Xinjiang oder die berggegenden von Kirgistan. im verstaedterten raum aber scheint es fuer den chinesen keine
spannendere beschaeftigung zu geben, als europaer zu bestaunen, egal ob auf dem rad oder in "zivil" unterwegs. was sonst so passiert ist/
ich hatte beschlossen mir noch ein paar richtig schoene letzte tage hier in China zu machen und zu einem see im gebirge hinauf zu fahren, der von aller welt empfohlen wird.
doch schon der name des sees "heavenly lake" in der sprache der einheimischen (!?) haette mich stutzig machen sollen. doch die fahrt zu dem see hin war erstmal sehr schoen. wieder ging es aus einem becken in 600 m hoehe, mit einer "buddelkiste" in der mitte und hohen bergketten rundherum zu dem see in
1.910 m hoehe hinauf. und es war mal wieder richtig eindrucksvoll durch die topfeben wueste zu radeln (mit zig kamelen ueberall) und aus dem dunst schneebedeckte 5.000er auftauchen zu sehen. doch als ich in das tal einbog, in dem die strasse zu dem see hinauffuehrt, wartete der erste schock auf mich; auf einer
riesigen reklametafel wurde ich in 3 sprachen (chinesisch, uyghur, englisch) informiert, dass jetzt 20 km "scenic spots" folgen wuerden. tatsaechlich war es dann sehr "scenic" und die letzten kilometer xtrem steil, in serpentinen quasi eine wand hinauf zum see. es ist schon fast unglaublich aus der
vegetationslosen wueste zu kommen und ploetzlich an einem see zu stehen, der von schneebedeckten bergiganten umsaeumt ist und an dessen ufer es tannenwald (!!! habe ich das letzte mal vor ungefaehr 2 monaten gesehen!) gibt. dennoch erinnerte mich die ganze szenerie sehr stark an den Koenigsee in Bayern. maechtiger touristenbetrieb hier wie dort. auf dem see verkehren boote und irgendwo
scheint es auch am heavenly lake eine stell mit echo zu geben, auf jeden fall hoerte ich immer wieder irgendwelche maenner laut und echond rumbruellen. der unterschied zum koenigsee ist, dass man dort den touristen noch schwieriger entfliehen kann, da viele bergtauglich ausgeruestet anreisen. am heavenly lake dagegen trifft das publikum dagegen mit nicht ganz wandertauglicher
ausruestung ein: stoeckelschuhe, lederhalbschuh, duenne maentelchen, business-jackets. diese ausruestung ist doch ein wenig unangebracht, da die schneefallgrenze inzwischen bei ca. 1.500 m liegt und es da am see z. t. sehr kalt wurde, die strasse gar an einigen stellen vereist war, so dass ich schieben musste. der unterschied zum koenigsee ist auch, dass es dort keine kasachische
bevoelkerungsminderheit gibt, die entdeckt hat, dass man mit den touristen richtig geld machen kann. so ist jeder ebene fleck erde, auf dem kein souvenirshop oder ein hotel steht mit yurten gepflastert und staendig wird man angequatscht, ob man nicht in einer yurte uebernachten wolle oder auf einem pferd reiten wolle (voralllem ich, der ich auf meinem rad sitze - gelaechter!). abgesehen von
diesen kleinen schoenheitsfehlern, ist es an diesem see wirklich sehr schoen, auch oder gerade weil es alles an Alpenpanoramen erinnert. - man liebt, was einem vertraut ist?! und ich konnte mich auf einem ziegensteig tatsaechlich ein wneig von den tourihorden abseilen und an fast menschenleere stellen
vordrinegen. mit rucksack und zelt weiter in die berge rein zu wandern, das waere was! und ich habe sogar im wald einen platz fuer mein zeltrudiment gefunden und zwei eisige naechte da oben verbracht, ehe ich heute die abfahrt runter in die "waerme" zurueck nach Urumqi gebraust bin.
ihr fragt euch jetzt sicher, ob ich mich freue oder es bedauere zurueck nach deutschland zu kommen. - beides! ich freue mich auf bestimmte menschen, wieder in meinem bett in meiner wohnung schlafen zu koennen, eine heisse dusche zu haben, wann immer ich will (oder wann immer mein durchlauferhitzer es will), pizza und gedeckten apfelkuchen mit schlagsahne zu essen und ordentlichen kaffee zu trinken. aber jetzt ist das abenteur fast zu ende. zu hause erwartet mich der alltag, eine droege landschaft, deutsche, die das genaue gegenteil
der freundlichen kasachen, kirgisen oder tuerken sind. keine exotischen gercihte mehr, keine weiten, leeren wuesten, keine schneebedeckten berggiganten, keine noch nie gesehenen architekturen, keine oasen, keine naechte mehr im
schlafsack unterm sternenhimmel, kein lagerfeuer, nicht mehr taeglich biken, nur um die welt zu sehen, kein bad mehr in noch nie gesehenen gewaessern in noch nie gesehener landschaft, keine neuen freundschaften, ...
was ist schoener? ich weiss es nicht. ich weiss nur, dass dies nicht meine letzte derartige reise gewesen ist. es war und ist einfach fantastisch!!!
DavidBishkek, 24. 10. 2001

liebe freunde!

viel ist ja nicht passiert in den letzten tagen. eigentlich bin ich nur aus China hier nach Kirgistan geflogen und was mir hier sofort brutal auffaellt ist das wohlstandsgefaelle zwischen den beiden laendern. Kirgistan ist einfach richtig arm!

dennoch ein kurzer erlebnisbericht, denn so einfach sich ein solcher kurzstreckenflug (1:15 h) anhoert. - es gab einige tuecken zu ueberwinden. auf dem chin. flughafen habe ich mich mit viel muehe (immer eine riesige gepaecktasche und ein fahrrad schleppend ) eingecheckt. das ist nicht ganz so einfach, wie es klingt, denn es gibt zig ticketchecks, man muss eine "ausreisekarte" ausfuellen und dann gibt es natuerlich den obligatorischen visacheck. und normalerweise laesst China niemanden ausreisen, der nicht ein gueltiges visum fuer das anschlussland hat. offenbar waren die sonst sehr korrekten chin. sicherheitsbeamten bei mir ein wenig blind und hatten mein fehlendes visum nicht zu bemaengeln. selbiges konnte ich dann auch voellig problemlos auf dem Manas-airport hier in Bishkek kaufen. sogar zu einem spezialpreis, denn von den daten her bin ich ja 5 tage in Bishkek, der "consular" liess sich aber ueberzeugen, dass ein 4-tages-transitvisum auch ok waere. wie korrekt die chin. sicherheitskraefte sonst aber sind, durfte ich an dem "beeper" zum warteraum feststellen. ich hatte ein taschenmesser und ein fahrrad-multitool in der hosentasche. beides gefaehrliche waffen und so durfte ich sie nicht mit in den passagierraum nehmen. dafuer bin ich dann auf dem gepaeckband in die "katakomben" des flughafens gefahren (sonst absolut off limits!) und habe beide "waffen" in meinem gepaeck verstaut. grosse aengste hatte ich ja wegen meines gepaeckgewichts gehabt, obwohl mir der Kyrgystan Airlines-agent versichert hat, es wuerde keine problem damit geben, wenn ich "seinen" flug nach Bishkek naehme. es gab auch keine probleme. ganz im gegenteil duerfte ich derjenige gewesen sein mit dem wenigstens gepaeck. was die anderen alles mitgeschleppt haben war unglaublich: stereoanlagen, kisten mit obst, chin. porzellan, alkoholika, ... und 5 kg handgepaeck - laecherlich, die meisten hatten so 20 - 30 kg (!)handgepaeck. im warteraum habe ich sofort wieder einen kirgissischen "schutzengel" gefunden. einen jungen geschaeftsmann, Asiz, der passabel englisch sprach. ausserdem habe ich die bekanntschaft eines in Bishkek stadtbekannten jungen mannes (16 jahre), Ernizt (die haben sich immer ausgeschuettet vor lachen,wenn ich versucht habe, den namen auszusprechen.), gemacht, der bereits eine eigene firma hat und kuerzlich ein pub in Bishkek eroeffnet hat. er war in Urumqi, um sein allergenes asthma behandeln zu lassen. und dann habe ich

natuerlich die bekanntschaft zweier russen gemacht, die mich sofort als westlichen touristen ausgemacht hatten und angestrengt versuchten, mir eine prostituierte zu verkaufen. der blick aus dem warteraumfenster offenbarte uebrigens wieder den blick auf eine typische chin. ABM: da haben doch tatsaechlich ein paar typen mit dem reisigbesen die rollbahn gefegt!!!

da nun ja nicht soviel passiert ist, komme ich hier noch einmal dem gelegentlich geaeusserten wunsch nach, ein paar worte ueber mein "superbike" zu verlieren. fuer den nicht radtechnisch interessierten ist jetzt der augenblick gekommen abzuschalten und den rest der mail zum einschlafen zu lesen. der rest merke auf.

mein rad ist keineswegs ein "superbike". ganz im gegenteil ist es sehr preiswert um einen tschechischen, sehr sauber aus stahlrohr geschweissten trekkingrahmen herum aufgebaut. die oberste maxime bei der ausstattung des rades war STABILITAET! ausserdem habe ich zugesehen moeglichst viele stahlteile zu verwenden (was heute im zuge der leichtbaualuminiumwelle nicht sehr einfach ist.). warum? stahl kann ueberall auf der welt bei einem bruch problemlos geschweisst werden. ich fuerchte allerdings, dass schutzgasschweissen (bei aluminium)in einem tuerkischen oder kirgisischen bergdorf ein hoffnungsloses unterfangen ist.

den eingeweihten wird es ueberraschen, dass ich nur sehr wenige teile des jap. ausstattungsgiganten Shimano verwandt habe, um mein rad zu kompletieren. und die die ich verwandt habe, waren auch wohlausgewaehlt: die vorderradnabe ist eine spezielle federgabelnabe, die hoehere belastungen aushalten soll, obwohl tests gezeigt haben, dass die unterschiede zu einer normalen nabe marginal sind. innenlager und kurbeln sind ebenfalls von Shimano. letztere aus der DX-gruppe. preisguenstig, aber, so habe ich mir gedacht, stabil, weil nicht auf leichtbau getrimmt wie die teile der teyreren ausstattungsgruppen. Die pedalen sind klickpedalen der XT-gruppe (hier musste topmaterial her, denn die pedalen trete ich ja taeglich). schliesslich habe ich noch eine sattelstuetze von Shimano (werden heute nicht mehr produziert.) vorbau und lenker waren beide guenstig. ich habe extra den lenker genommen mit der dicksten wandstaerke, damit da nix bricht. der vorbau ist eigentlich ein rennvorbau aber die mountyvorbauten waren mir alle zu sehr auf bequemlichkeit getrimmt. Der sattel ist ein Flite von Selle Italia. der einzige sattel, der meinen hintern immer zufriedenstellt, obwohl ich anfangs in Bulgarien und spaeter noch mal in China, als ich mit einer langen "normalen" hose gefahren bin einige sitzprobleme hatte.

ich komme jetzt zu den teilen, die mein rad zum "superbike" machen.

an erster stelle sind hier natuerlich die gesponserten teile zu nennen. Ich schalte mit einer 14-gang-getriebenabe von Rohloff. die hat denselben uebersetzungsspielraum, wie eine 27-gang-kettenschaltung. es gibt allerdings keine gangueberschneidungen und die uebersetztungslinie verlaeuft linear. geschaltet wird mit nur einem drehschaltgriff. schaltprobleme aufgrund aeusserer bedingungen wie schnee, staub, sand oder matsch sind passe. alles laeuft im inneren der gedichteten nabe ab. (naeheres zu der nabe gibt's auf der homepage von Rohloff, die mit meiner homepage verlinkt ist.) als kette kamen auch eine Rohloff-kette zum einsatz, die sich aufgrund der idealen kettenlinie nur sehr langsam gelaengt haben.

gebremst habe ich mit hydraulikbremsen von Magura (HS 33). optimale teile, die meine ultraschweres rad auch auf den steilsten und schwierigsten abfahrten zum stehen gebracht haben. ich hatte unzaehlige bremskloetze zum wechseln mit, fahre jetzt aber immer noch mit meinem ersten satz bremskloetzen. zum "superbike" wird mein rad besonders durch die laufraeder. sie sind selbstverstaendlich selbst gespeicht (1,8 - 2 mm, doppeldickend). die felgen sind die topmodelle von Mavic (das stueck knapp DM 200,--). sie haben alle features, die Mavic aufzubieten hat. besonders wichtig ist hierbei die keramik-beschichtung der felgenflanken. sie verhindert, dass die felgenflanken durchgebremst werden. das ist eigentlich die groesste defektgefahr, die einem auf einer so langen reise mit einem so schweren rad und schwierigen umweltbedingungen (staub, matsch) droht. meine felgen haben gehalten, wenn auch meine vorderradfelge seit 9.000 km eine tiefe beule hat, an der auch die keramikbeschichtung weggeplatzt ist. noch ein wort zur stabilitaet der laufraeder. in der regel ist es so, dass das hintere laufrad asymetrisch eingespeicht ist, da auf einer seite das dicke ritzelpaket sitzt. das ist nicht so mit der Rohloff-nabe. Es gibt nur ein ritzel und so ist eine symetrische speichung moeglich. zusaetzlich stabilisiert der sehr grosse nabenkoerper das laufrad. die

stabilitaet des hinterrades soll der eines 48-speichen-tandem-laufrades entsprechen. ob das stimmt, weiss ich nicht, es gab auf jeden fall null probleme. - auf den felgen sitzen schwalbe marathon-reifen. exzellente teile! ich hatte auf meinen bisher 14.017 km nur einen platten! und das obwohl ich meinen ersten satz reifen von wohlprofilier zu slick abgefahren habe.

meine gepaeckmassen haengen an stahlgepaecktraeger von tubus. mein

frontmodell ist dabei nicht das standardmodell, wurde mir aber vom "Velopeter“ als stabiler empfohlen. die fronttraeger sollten maximal bis insgesamt 15 kg der

hintere traeger bis max. 40 kg. belastet werden. beide gewichtsgrenzen habe ich

quasi permanent getoppt, insbesondere wenn es viel wasser mitzunehmen galt in Kasachstan und China). ausserdem habe ich eine lichtanlage von Busch und Mueller, die ich aber letztlich nie genutzt habe, die aber nuetzlich war, wenn mir kasachische polizisten dollars abzocken wollten, weil mein rad nicht verkehrssicher waere.

dann habe ich schutzbleche. empfehle ich jedem radreisenden. denn sie verhindern bei mistigen bedingungen, dass man nach der tagesetappe auch mistig aussieht. und die paar gramm machen nun wirklich nichts aus.

schlussendlich fahre ich mit bar-ends, die ziemlich ergonomisch geformt sind und bei meinem unruhigen bergaufstil mit staendigem treten im stehen unbedingt notwendig sind.

so das wichtigste zur radtechnik ist gesagt. genauere modellbezeichnungen und weitere details sind meiner homepage zu entnehmen.

ich wurde auch gefragt (per mail), ob man besonders versiert in radtechnik sein sollte fuer eine solche tour. vorher haette ich immer gesagt: "ja! Ich halte mich selbst fuer einen ziemlichen radfuzzi und kann eigentlich alles am rad reparieren und sei es provisorisch mit kabelbinder. allerdings habe ich am Torugart-pass Koen und Roos getroffen, die ihr rad komplett gekauft haben und nichts daran veraendert haben, um ja nix kaputt zu machen. sie haben es problemlos bis China geschafft (immerhin fast 10.000 km). man muss also kein radspezi sein.

was hatte ich an ersatzteilen dabei:

einen zweiten satz reifen, der eigentlich nicht noetig war, dem im weiteren umkreis von China gibt es auf den Basaren immer adaequaten ersatz. dann unzaehlige speichen, die ich jetzt alle wegschmeisse, um gewicht zu machen.

zig bremskloetze - voellig sinnlos.

reparatursets fuer die rohloff-nabe und die Magura-bremsen. beide ungenutzt.

kabelbinder (kann mann immer gebrauchen!)

schlaeuche (habe ich verschenkt.)

unzaehlige schrauben. die waren wirklich noetig, denn durch das ewige geruettel auf den schlechten strassen habe ich unzaehlige schrauben losgeruettelt und verloren.

zum schluss will ich hier noch eine kurze liste meiner "fahrradreparaturen" anbringen. jeder kann sich dann selbst ein urteil machen, ob man "radfuzzi" sein muss oder nicht:

4.000 km reifenwechsel -> vorderreifen kam nach hinten, hinterreifen nach vorn, um die reifen gleichmaessig abzunutzen.

5.000 km neue kette; austausch innenlager. das alte schien zu knacken. tatsaechlich knacken aber die pedalen - seit nunmehr 14.000 km

10.000 km reifenwechsel -> neuer reifen fuer's hinterrad. Oelwechsel Rohloff-nabe. ich fuelle wegen der zu erwartenden niedrigen temperaturen auf den hohen paessen winteroel in die nabe. kettenwechsel

11.000 km reparatur fahrradcomputer nach diebstahl: die kabel sind gerissen.13.000 km reifenwechsel -> der hintere reifen kam auf's vorderrad, hinten habe ich einen neuen reifen aufgezogen. schaltzugwechsel. war eigentlich unnoetig, habe ich aber gemacht, weil ich zeit hatte und die ersatzzuege nicht wieder als "uebergepaeck" mit nach hause fliegen wollte.

13.500 km 1. platter

das war's!

zuletzt will ich noch dank und ein paar gruesse loswerden.

- zu allererst danke ich meinen ELTERN, die mir in letzter minute noch mit einer finanzspritz evon weit ueber DM 4.000,-- ausgeholfen haben und damit verhindert haben, dass die reise in einer finanziellen katastrophe endete.

- dann danke ich meinen "regulaeren" sponsoren, deren exzellentes material mit zum guten gelingen der reise beigetragen hat. (besondere gruesse gehen hier an die Rohloff-crew, die in schwierigen momenten immer was aufmunterndes gemailt haben.)

- danke an meine freundin Marlen, dass sie 6 monate bangen durchgehaltenhat.

- danke den AZologen, die mir sehr nuetzliches material geborgt haben(obwohl der wasserfilter zum zeitpunkt groesster notwendigkeit in der Taklamakan-wueste seinen geist aufgegeben hat und ich von da an wie bloed wasser abgekocht habe. aber dafuer koennen die beiden ja nix.) danke vor allem auch fuer euer unglaubliches angebot mir ein rad nachzuschicken nach dem diebstahl, damit meine reise weiter gehen koennte.

- danke an ELNURA, ASIEL und ERNIZ fuer ihre dolmetscherdienste nach den diebstaehlen.

- danke besonders auch an die familie von KUBULBEK. hey, ich war einverbrechensopfer, das sie ueberhaupt nicht kannten und wurde in einer so unglaublich herzlichen weise aufgenommen und bewirtet!

- danke der Dresdener Kirgistan Expedition, die mir ebenfalls voellig selbstlos geholfen hat.

- danke an MIRA, die mich im kasachischen zug zunaechst unter ihre fittiche genommen hat und jetzt intensiv versucht hat, mir den rueckweg nach Kasachstan mit einer einladung zu ermoeglichen.

- danke an MATIAS, der nicht muede wird mir zu mailen, ich solle doch meine erlebnisse publizistisch verwursten.

- danke all den "namenlosen" deutsch- oder englisch-uebersetzern die mir immer wieder waehrend meiner reise geholfen haben mich zurechtzufinden.

- danke auch an all die "namenlosen" menschen, die mich zum teilen des brots oder zur uebernachtung eingeladen haben, denen "eine melone vom lkw gefallen ist.

- und schliesslich danke an all die zahlreichen mailschreiberlinge, die mir die stunden, die ich in irgendwelchen netz-cafes verbracht habe, versuesst haben. bitte entschuldigt, dass ich nur einen bruchteil eurer mails beantwortet habe.

gruesse gehen natuerlich an alle oben genannten und all die (rad)reisenden, die ich unterwegs getroffen habe. besonders an WOUTER (have you still arrived in south-east-asia and are you relaxing at a beach now?), ROOS und KOEN (have i read it right? you have done the Karakorum-Highway and are now in Pakistan. i think, you are more relaxed than me. i couldn't wait 1 day more in Kashgar. i had to start! and what's happened to Obes?) und SANDY und TOM, den vielleicht sympathischsten reisenden, die ich auf meiner tour getroffen habe. gruesse auch an DARIUS aus Alba Julia (if i had such a rucksack on my back,i will have problems with my ass, too, with or without vaseline!)

so, ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. abschliessend sei noch gesagt:

stay tuned! in ein paar wochen werden auch fotos auf meiner homepage erscheinen!

das war's. es gruesst der D.

Sponsored by

 GROFA

 FahrradForum Berlin